„Ich mag, dass alles etwas ruhiger zugeht“, sage ich in einem Interview in der Reihe „Auswanderer“  auf Nadines Blog Traumweltenbummler.

Gemeint habe ich damit das Arbeitstempo, denn das ist in den Niederlanden ein ganzes Stück niedriger, als ich es aus Deutschland gewöhnt war. Das kann sehr angenehm sein, manchmal aber auch richtig nerven. Und damit meine ich nicht einmal die Bedienung im Café, die sich eine halbe Stunde nicht blicken lässt. Auch der eigene Arbeitsablauf wird im niederländischen Arbeitsalltag manchmal ungewollt ausgebremst.

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Die Niederländer haben Geschäftsbesprechungen nämlich zu einer Kultur erhoben. Und diese Vergadercultuur war für mich sehr gewöhnungsbedürftig. Stundenlange Besprechungen ohne (für deutsche Verhältnisse) konkrete Ergebnisse gehören zum Arbeitsalltag.

Falls doch irgendwelche konkrete Festlegungen gemacht werden, muss das aber nicht heißen, dass diese am nächsten Tag noch Gültigkeit haben. Denn vielleicht hat der Geschäftspartner oder der Kollege, der am Tag der Besprechung krank war, eine bessere Idee und dann macht man es einfach doch anders. Wenn man Glück hat, wird man vorher informiert, wenn nicht - vor vollendete Tatsachen gestellt. Auf diese Flexibilität, die auch durchaus sehr positiv sein kann, musste ich mich als Deutsche erst einmal einstellen. Bis es so weit war, gab es einiges an Frustrationen und auch Stress.

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Stressfrei ist das Arbeiten in Holland aber auch für die Niederländer nicht, die an das System gewöhnt sind. Viele Menschen erkranken, wie auch in Deutschland, unter dem Burn-out-Syndrom. Laut der offiziellen niederländischen Statistik, geben immerhin 13 % der Arbeitnehmer an darunter zu leiden. Ähnliche Zahlen habe ich auch für Deutschland gefunden, obwohl dort die Statistik mit Krankheitstagen aufgrund des Burn-out-Syndroms geführt wird.

Krankheitstage gibt es in Niederlanden natürlich auch, aber man wird bei Krankheit nicht krankgeschrieben. Man bleibt einfach zu Hause und meldet sich persönlich beim Arbeitgeber krank, eine Krankmeldung vom Arzt braucht man nicht. Jetzt ist es aber nicht so, dass das Vertrauen der niederländischen Arbeitgeber in die tatsächliche Arbeitsunfähigkeit so viel größer ist als in Deutschland. Auch in Holland wird (manchmal) kontrolliert. Das kann der Chef direkt sein, der sich telefonisch nach dem Wohlbefinden erkundigt oder in größeren Betrieben üblicherweise ein externer Arbeits- und Gesundheitsdienst. Da steht dann schon einmal ein Mitarbeiter unangemeldet vor der Tür und erkundigt sich nach dem Befinden. Bei längerer Krankheit bekommt man einen Pflichttermin beim Betriebsarzt, der dann auch die voraussichtliche Krankheitsdauer an den Arbeitgeber übermittelt.

Sehr oft lese ich, dass es in der niederländischen Berufswelt keine ausgeprägte Hierarchie gäbe. Persönlich habe ich da aber keine großen Unterschiede zwischen den Niederlanden und Deutschland festgestellt. Aufgrund dessen, das man sich, wie im normalen Alltag, auch im Berufsleben duzt und mit dem Vornamen anspricht, scheint es keine Unterschiede zwischen dem Arbeitnehmer und dem Chef zu geben. Aber die Realität ist dann doch eine andere. Auch in den Niederlanden werden die anfallenden Arbeiten von oben nach unten verteilt und fällt letztendlich der Vorgesetzte die Entscheidungen.

 

Aber natürlich sind dies alles meine subjektiven Erfahrungen und Empfindungen. Je nach Beruf, Arbeitsplatz und Betrieb kann das sehr unterschiedlich sein.
Habt ihr andere Erfahrungen gemacht? Dann bin ich daran natürlich interessiert. Ihr dürft die Kommentarfunktion gerne ausgiebig nutzen.

 

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