„Erleben Sie Holland an einem Tag“, ist einer der Slogans auf der deutschen Website des Freilichtmuseums in Arnhem. Das mit dem Tag sollte man wirklich wörtlich nehmen. Einen ganzen Tag braucht man auf alle Fälle, um auch nur annähernd alles zu sehen.

Und verpassen sollte man wirklich nichts. Überall gibt es so viel Interessantes zu entdecken. Wir erkunden historische Bauernhöfe, Mühlen und Werkstätten. Einer Krankenstation aus den 50er Jahre statten wir ebenso einen Besuch ab, wie einer Bierbrauerei und einer typischen Amsterdamer Kneipe.

Freilicht-Museum in Arnhem

Authentisch

Was beim Besuch sehr schnell deutlich wird, die Lobeshymnen, die ich vorab über das Museum gehört habe, waren keineswegs übertrieben. Wahrlich ein Freilichtmuseum der Superlative.

Über hundert Jahre besteht das Museum schon. Bauernhöfe, Wohnhäuser, Betriebe und auch eine Kirche wurden seither aus dem ganzen Land in das Freilichtmuseum umgesiedelt. Die originalen Gebäude sind so perfekt integriert, als ob sie noch nie woanders gestanden hätten.

Alles ist ziemlich authentisch und auch das Drumherum passt. Im Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert duftet es herrlich nach gebratenem Speck, da die Bauersfrau gerade auf dem Holzofen kocht. Die Scheune sieht aus, als wäre der Bauer nur mal kurz rausgegangen.

Hinter den Bauernhöfen findet man schöne Gemüsegärten und Obstwiesen, wo alte Sorten gehegt und gepflegt werden. Die Wäsche trocknet im Wind und die Katze schläft im Stroh, wie schon vor 200 Jahren.

Katzen sind übrigens nicht die einzigen tierischen Bewohner. Schafe sowie Kühe stehen auf der Weide und Schweine suhlen sich im Schlamm hinter ihrem Stall. Und immer wieder kreuzen Hühner, die sicher noch keine Legebatterie gesehen haben, unseren Weg.

Üppiges Grün ist auf dem gesamten Gelände zu finden. Mächtige alte Bäume säumen die Wege und teilweise stehen die Häuser geradezu im Wald. Es gibt Äcker mit alten Bohnensorten und auch Hopfen entdecken wir auf unserer Tour.

In einem riesigen Kräutergarten findet man nicht nur viele Küchenkräuter, sondern auch eine Vielzahl an medizinischen Heilpflanzen. Diese sind hervorragend nach den Leiden, für die sie genutzt werden können, sortiert und man erwartet beinahe, dass Hildegard von Bingen gleich hinter eine Hecke hervorkommt.

Historischer Bauernhof im FreilichtmuseumNicht nur die Bauernhöfe, auch die Strommasten sind historisch

Hühner vor einem historischen BauernhofDie Hühner haben heute Freigang

Schweine suhlen im Freien Das Schwein macht bei seinem Schlammbad einen zufriedenen Eindruck

Schmetterlinge im GartenFünf verschiedene Arten Schmetterlinge haben wir an den Blumensträuchern gezählt, aber nicht alle haben fürs Foto stillgehalten

Bewohnt

Viele Gebäude werden, zumindest während der Öffnungszeiten, bewohnt und bewirtschaftet. Der Fischer flickt seine Netze vor seiner Hütte und der Bäcker schiebt das Brot in den Holzbackofen. In der alten Schmiede prasselt das Feuer, während der Schmied und sein Geselle das glühende Eisen bearbeiten.

Viele der dort traditionell hergestellten Produkte kann man direkt vor Ort kaufen. Besondere Produkte, die angenehm zurückhaltend und zu moderaten Preisen angeboten werden. So gibt es frisch gepresstes Leinöl in der Ölmühle und handgewobene Geschirrtücher in der Weberei.

In der Bäckerei werden frisch gebackene Leckereien verkauft und gegenüber in der Eisdiele aus den 60er-Jahren, bekommt man Eis in denselben Geschmacksrichtungen wie damals.

Falls keine lebenden Bewohner im Gebäude sind, begegnen einem lebensechte Puppen. Und mit lebensecht meine ich wirklich lebensecht. Die strenge Krankenschwester im Krankenhaus aus den 50er Jahren weckt seltsam reale und leicht unangenehme Gefühle in mir. Der authentische Geruch nach Desinfektionsmittel tut da sein Übriges.

Ein Fischer repariert die Netze vor dem HausEin Fischer repariert die Netze vor seinem Haus

Strickende Bauersfrau im FreilichtmuseumDie strickende Bauersfrau ist echt...

Krankenstation aus den 50er Jahren mit lebensechten Puppen...die Krankenschwester sieht dagegen nur echt aus

Geschichte erleben

Mehr als 100 Gebäude gibt es auf dem weitläufigen Museumsgelände. Jedes verfügt über eine Informationstafel, die in Niederländisch, Englisch und Deutsch Auskunft über Herkunft, Alter und Funktion eines Gebäudes gibt. Auch die "Bewohner" geben selbstverständlich gerne ihr Wissen über das Leben und Arbeiten in "ihrem" Haus weiter.

In Filmen und Tonaufnahmen erzählen ehemalige Bewohner des Gebäudes von dessen Geschichte und Funktion oder berichten vom damaligen Alltag ihrer Familie.

Spannend finde ich, dass auch sogenannte Randgruppen zu Wort kommen. So bekommen wir einen kleinen Einblick in das damalige Leben der Neu-Ankömmlinge aus der ehemaligen Kolonie Indonesien. Und wir dürfen einen Blick in die Wohnung und das Leben der Bewohner eines Wohnwagen-Camps werfen, die es in den Niederlanden noch heute häufig gibt.

Unterkunft türkischer Gastarbeiter in den 60er JahrenDie Unterbringung der türkischen Gastarbeiter in den 60er Jahren in Amsterdam ließ wahrlich zu wünschen übrig

Kinderspaß und Nostalgie

Bei einem Besuch des Freilichtmuseums sind gute Schuhe anzuraten, denn bei einer Fläche von ca. 44 Hektar legt man schon einige Meter zurück. Wird man müde, setzt man sich in eine der beiden historischen Straßenbahnen, die ihre Runden durch den Park drehen. Aus Amsterdam und aus Rotterdam stammen die ratternden Gefährte, erfahren wir vom authentisch gekleideten Schaffner in Uniform.

Sechs Haltestellen gibt es auf dem Gelände und man kann ein- und aussteigen, wie man will. Ganz klar, dass eine Fahrt mit der Tram zu einem Museumsbesuch dazugehört. Nicht nur bei Kindern ist das ein absolutes Muss.

Sowieso scheinen mir Kinder in diesem Museum sehr viel Spaß zu haben, nach der Anzahl lachender und wild herum rennender Kinder zu urteilen. Es wird auch einiges speziell für Kinder geboten. Vom Kinderbauernhof, übers Bogenschießen bis hin zu einem großen Spielplatz gleich neben dem Restaurant.

Dass Erwachsene jeglichen Alters an jeder Ecke in nostalgische Erinnerungen verfallen, versteht sich von selbst. Bei Gebäuden und Einrichtungen, die bis in die 1980er Jahre reichen, ist für jeden eine Kindheitserinnerung zu finden. Satzfetzen, wie „das hatten wir auch“ oder „wie bei meinem Opa“ hören wir vielerorts an diesem Tag.

Obwohl wir uns einen ganzen Tag Zeit genommen haben, war es am Ende doch zu kurz. Gerne hätte ich noch das ein oder andere Filmchen geguckt, den Webern noch ein bisschen auf die Finger geschaut oder ein Schwätzchen mit dem Fischer gehalten.

Das mache ich dann beim nächsten Mal. Es wird nämlich auf alle Fälle einen weiteren Besuch im Nederlands Openluchtmuseum in Arnhem geben.

Fahrt mit der historischen Straßenbahn Von 1949 bis 1975 war diese Tram in Amsterdam unterwegs

Historische Tram aus RotterdamBis in die 1960er Jahre fuhr diese Tram durch Rotterdam

Dampfmaschine in der alten MilchfabrikDie Dampfmaschine in der historischen Milchfabrik fasziniert Alt und Jung

Schiffswerft im FreilichtmuseumDie historische Schiffswerft aus dem Jahr 1885 stand ursprünglich in Marken

Zaanse Häuser im Dorf des Freilichtmuseums ArnehmIm Dorf des Freilichtmuseums Arnhem findet man einige Häuser im typisch grünen Stil der Gegend um Zaandam

 

Reise-Infos

Arnhem bzw. Arnheim, wie man in Deutschland sagt, befindet sich nur wenige Kilometer von der der Deutsch-Niederländischen Grenze entfernt. Das Openluchtmuseum selbst ist sehr einfach mit dem Auto über die A12 (auf deutscher Seite A3) erreichbar. Von der Ausfahrt Arnhem Noord sind es nur 5 Minuten bis zum großen Parkplatz beim Museum. 

Meine Reisetipps und Infos zur Stadt Arnhem habe ich hier für euch. 

Infos zu weiteren Freilichtmuseen in den Niederlanden hier auf unserer speziellen Freilichtmuseums-Seite.

 

Openluchtmuseum Arnhem

Hoeferlaan 5, Arnhem

Öffnungszeiten: Während der Sommersaison von Ende März bis Ende Oktober von 10 bis 17 Uhr. 
In der Wintersaison sind die historischen Gebäude geschlossen, nur das Museumscafé ist geöffnet.

Eintritt (Stand 2023): Erwachsene € 18,-, Kinder (4-12 Jahre) € 15,-, an Wochenenden und in den Ferien € 21,- bzw. € 18,-.
In der Wintersaison  € 10,- für Erwachsene und € 7,- für Kinder.
Tickets gibt es Online oder am Automaten vor Ort. Auch sind Tickets bei Get Your Guide Get Your Guide erhältlich. 

Hunde sind erlaubt, müssen aber angeleint sein.

Parkplatz: 7,- Euro

Bus: Ab dem Zentrum Arnhem mit Buslinie 3 oder 8

 

Hinweis: Diesen Artikel, ursprünglich vom 25. September 2013, habe ich nach einem erneuten Besuch des Museums komplett überarbeitet und neu veröffentlicht. 

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