Kein Wölkchen unterbricht das strahlende Blau des Himmels. Es ist heiß, beinahe schon zu heiß um sich auch noch der Sonne auszusetzen. Aber gut, es ist nicht die Karibik, sondern Holland. Ich wage mich also mutig aus dem Haus und mache mich auf den Weg Richtung Meer.

Ich bin nicht die Einzige, die auf diese Idee kommt. Im Radio wird schon vor Staus auf den Straßen zum Strand gewarnt. Aber ich lass das Auto sowieso stehen. Der Weg ist das Ziel! Die 25 km bis zum Strand werden abgestrampelt, auf einem wunderbaren Radweg entlang der Maas und dem Nieuwe Waterweg, wie das letzte Stück Wasserweg bis zur Nordsee heißt.

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Die ersten paar Kilometer führen noch der Straße entlang, bevor es dann kurz nach Vlaardingen endlich ans Wasser geht. Links fließt die Maas mit einigen Hafenanlagen am anderen Ufer, rechts der begrünte Deich, der die dahinterliegenden Dörfer schützt. Immer wieder gibt es freie grüne Rasenflächen, die ausgiebig von Sonnenanbetern genützt werden. Zumindest wenn man von hinten direkt mit dem Auto bis an die Grünfläche fahren kann.

Denn eine Decke reicht den Sonnenhungrigen nicht. Liegestühle, Tische und Kühlboxen müssen schon sein. Der ein oder andere hat auch einen Sonnenschirm mit. Die meisten legen sich aber in spärlicher Bekleidung in die pralle Sonne. Nach der zum Teil schon etwas mumienartigen Haut ist es auch nicht der erste Tag, der in der Sonne verbracht wird.

 

Beim bloßen Anblick komme ich schon ins Schwitzen und ich bin froh über ein bisschen Fahrtwind und die Brise, die von der Flussseite herüber weht. Große und kleine Schiffe begleiten mich auf dem Weg Richtung Nordsee und ich wundere mich über das hohe Tempo dieser Stahlkolosse. Angler sitzen am Ufer und hoffen auf einen guten Fang, den sie dann aber, wie in Holland üblich, wieder in die Freiheit entlassen. Weiße Schwäne treiben nebeneinander, aufgereiht wie Perlen an einer Schnur, am Rande des Flusses. Ständig tauchen sie ihre langen Hälse unter Wasser, ob zur Abkühlung oder zur Futtersuche, wer weiß das schon.

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In der Ferne tauchen die weißen Stahlarme der Maeslantkering auf, ein Sturmflutwehr, das den Großraum Rotterdam vor einer Flutkatastrophe schützen soll. Die großen Stahltore schwenken bei einer drohenden Sturmflut von beiden Seiten in die Mitte und verschließen die, an dieser Stelle 360 m breite, Wasserstraße.  Interessenten können sich im Besucherzentrum, das täglich gratis zugänglich ist, über den Bau und die Funktion des Wehrs informieren.

Gleich hinter der großen Fähre, die schon zur Abfahrt nach Harwich bereitsteht, beginnt der Küstenort Hoek van Holland. Die „Ecke von Holland“, wie die wörtliche Übersetzung lautet, ist seltsamerweise ein Stadtteil von Rotterdam, obwohl es gut 30 km entfernt liegt. Hier mündet der Nieuwe Waterweg in die Nordsee und haben die Sandstrände Verladekräne als Kulisse. Denn die „Neubaugebiete“ des Rotterdamer Hafens, Europoort und die Maasvlakte I und II, liegen direkt am anderen Ufer. Eine Personenfähre, die auch Fahrräder mitnimmt, bringt Besucher einmal in der Stunde hinüber.

 

Ich bleibe aber da und werfe einen kurzen Blick ins Fort. Hoek van Holland hatte nämlich als Küstenort an der Mündung des Nieuwe Waterwegs in der Vergangenheit eine wichtige militärisch strategische Bedeutung. Im Fort wurde der Zugang zum Hinterland schon Ende des 19. Jahrhunderts mit schwerem Geschütz verteidigt. Inzwischen ist es ein Museum und kann mit einer 2-stündigen Führung besichtigt werden. Während des 2. Weltkriegs wurde das Fort übrigens vom deutschen Militär, das die Niederlande besetzt hatte, genutzt. Zusätzlich bauten sie einen großen Bunker, der Teil des Atlantikwalls, der Verteidigungslinie gegen die Alliierten, wurde. Auch dieser Bunker ist inzwischen ein Museum und kann besichtigt werden.

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Aber genug von Verteidigung, Bunkern und Militär, jetzt geht es an den Strand. Und wie es zu erwarten war – es ist gesellig. Ein Meer an bunten Sonnenschirmen bildet einen schönen Kontrast zum strahlend blauen Himmel. Mehr oder weniger braun gebrannte Menschen liegen auf Liegen und Handtücher, für meine Verhältnisse, zu dicht beieinander. Aber nachdem ich die erste Sanddüne erklommen habe, sehe ich noch viele freie Flächen am Strand. Denn viel laufen mögen die Holländer nicht, schon 100 – 200 m vom Zugang und somit den Parkplätzen, Imbissen und Souvenirshops entfernt, ist der breite Sandstrand beinahe leer.

 

Vor der Küste spuckt ein Schiff eine große Fontäne Sand ins Wasser und am Fuße der Dünen sind weiß-blaue Strandhäuschen aufgereiht. Diesen Luxus eines 36 m2 Häuschens mit eigener Toilette, Dusche und einer kleinen Küchenzeile, in dem man theoretisch auch übernachten kann, ist übrigens zu kaufen. Aber die 65.000 Euro sind wohl nicht für jeden erschwinglich. Zumal jährlich noch einmal über 4500,- Euro Platzmiete dazukommen, obwohl die Strandhäuser nur von April bis September stehen. Nichtsdestotrotz scheinen die meisten der Häuschen in Gebrauch und Kinder bauen Sandburgen vor der dazugehörigen Terrasse.

Der Großteil der Kinder spielt aber im seichten Wasser der Strandrinnen, die von der Flut noch übrig sind. Hier ist die Wassertemperatur auch etwas höher, als die knapp 20 Grad im tieferen Wasser der Nordsee. Bei der heutigen Hitze ist aber so eine Abkühlung genau richtig.

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