Ein Gastblog von Oliver Hübner von blog-speciaal.de

Es ist ein höchst subjektives Thema: mag ich die Nordsee, die Ostsee oder lieber noch das Mittelmeer? Als begeisterter Hollandurlauber mit Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern gerate ich immer wieder in Diskussionen, welches nun das schönere Meer ist, Nord- oder Ostsee.

In Wismar, Rostock oder Lübeck verhalte ich mich meist diplomatisch, doch im Grunde meines Herzens steht eine eindeutige Entscheidung schon lange fest.

oliver hübner, ostsee hiddensee dornbusch

Ostsee: Traumhafte Orte zwischen Wismar und Haparanda

Es gibt viele besondere Orte an der Ostsee. Sie haben einen ganz eigenen Reiz, einen einmaligen Zauber, den auf diese Weise nur das Baltikum hat.  

Hoch über dem Wasser auf dem Dornbusch zu sitzen, den Leuchtturm von Hiddensee zur Seite, den Blick über den Bodden schweifen lassen. Zwischen Schaprode auf Rügen und der langgestreckten Seepferdcheninsel zu meinen Füßen fahren die Fährboote Tagesgäste hin und her. Bei klarer Sicht scheinen im Nordwesten die Kreidefelsen von Møn am Horizont zum Greifen nah. Die Sonne erwärmt den sandigen Boden, Kiefernduft, der Sanddorn leuchtet orange.

Der weite Strand von Ahrenshoop auf Fischland-Darß. Reetgedeckte Fischerkaten, Künstlerhäuser, ein schmaler Weg am Bodden entlang. Oder einige Kilometer weiter, Prerow auf dem Zingst.

 

Die historischen Städte der Backsteingotik: Stralsund und Wismar mit ihrem hanseatischen Charme, geschütztes Weltkulturerbe.

Die stolzen Häuser an den Promenaden der Kaiserbäder auf Usedom.

Die Möwen von Warnemünde, die geübt darin sind, unerfahrenen Badegästen Fischbrötchen aus der Hand zu stehlen.

 

Auch mag ich die dänischen Inseln, besonders Bornholm, auch das kleinere Ærø. Kopenhagen!

Ich kenne die schwedische Küste, die kargen, felsigen Åland-Inseln im Schärengarten, Kieselstrände in Estland, auch Haparanda und Kemi ganz im Norden.

Ein gutes Stück der mecklenburgischen Ostseeküste habe ich mir schon erwandert: von Travemünde bis Warnemünde und ja: es ist dort wunderschön. Ich liebe die Ostsee, zu jeder Jahreszeit. Baden im Sommer, spazieren und radeln das ganze Jahr. Von Schwerin, meinem Wohnort im Osten, sind traumhafte Orte wie Boltenhagen, die Insel Poel oder Rerik schnell erreicht.

 

Und doch, wenn ich ganz, ganz ehrlich bin: Meer geht irgendwie anders.

oliver hübner, ostsee boltenhagenDie Ostsee bei Boltenhagen, Foto: Oliver Hübner

oliver hübner, ostsee graal müritzDer Ostsee-Strand von Graal-Müritz, Foto: Oliver Hübner

 

Nordsee: Kraft der Elemente

Ein Meer ist ein Ozean! Wellen, Wind, raue Natur. Gischt, Gezeiten, Salz im Gesicht. Urkraft der Elemente. Das erhabene Gefühl, über die letzte Düne zu treten, den salzig-jodigen Duft in der Nase und dann: das Meer. Mühevoll durch den Sand schreiten, Muscheln unter dem Fuß zerknirschen lassen, durch Prile stapfen. Barfuß. Hose hochkrempeln und die Füße ins Wasser. Nicht aufpassen und eine höhere Welle macht die Hose nass. Bei Sturm wandern Schaumflocken über den Sand. Anschließend im Strandpavillion beim Aufwärmen den Blick auf die tosenden Wellen gerichtet. Das Gesicht noch prickelnd von Wind und Wetter. Das ist Nordsee! Das Gefühl von Meer!

 

Der Unterschied zwischen Nordsee und Ostsee ist etwa so groß, wie der zwischen Ostsee und Schweriner See. Wie zwischen Alpen und Harz. Wie zwischen Hollandrad und Klapprad, einem kräftigen Bordeaux und halbtrockenem Moselwein oder Pommes Speciaal und Kartoffelsalat.

Beides hat seine Vorzüge, beides hat seine Zeit und Gelegenheit. Welches ich gerade vorziehe ist eine Frage der persönlichen Vorlieben.

 

Ich schwimme halt lieber im Meer, dafür ist mir die Nordsee zu rau!’, lasse ich als Einwand gelten. ‘Bei der Nordsee weiß man nie, ob sie da ist oder gerade weg!’, halte ich hingegen für einen Vorwand. Denn was kein ordentliches Meer ist, ist auch keines, nur weil es gerade da ist!

 

Die Entscheidung traf mich früh

Die Entscheidung, welches der beiden Meere ich inniger liebe, habe ich wohl früh in meinem Leben getroffen. Eher noch hat sie mich getroffen. Wer weiß, was die Nordsee mit mir angestellt hat, als meine Eltern mich im Bollerwagen über den Strand von Texel gezogen haben? Das jedenfalls hat die Ostsee versäumt. Die bekam ich erst rund 15 Jahre später zu Gesicht.

 

Ich liebe die Ostsee: Sie ist für mich mecklenburgische Wahlheimat, Vertraute, Seelenverwandte, Trostspenderin. Häufig in der Nähe, bereit für einen Tagesbesuch, eine Stipvisite, eine Audienz. Sie ist da, für die kleine Portion Salz in der Nase.

Doch ist die Nordsee die ungleich größere Liebe: Sie ist das Tosen in den Ohren, das große Gefühl von Weite und von Kraft, das Erhabene, das Wissen, dort hinten, da ist irgendwo die weite Welt.  

oliver hübner, nordsee regen texelStürmische Nordsee vor der Insel Texel, Foto: Oliver Hübner

oliver hübner, nordsee amelandOliver hat sich entschieden. Die Nordsee, wie hier vor Ameland, ist doch noch ein bisschen mehr Meer

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Oliver Hübner ist freier Autor und Blogger aus Nordrhein-Westfalen. Er wohnte über zehn Jahre in Mecklenburg-Vorpommern, heute pendelt er beruflich zwischen Schwerin und dem Ruhrgebiet. Seit 2016 schreibt er auf blog-speciaal.de über niederländisch-deutsche Themen. 

 

An dieser Stelle, ein ganz herzliches Dankeschön an Oliver für diesen tollen Gastbeitrag. Schaut unbedingt einmal auf seinem Blog vorbei, es gibt dort auch sehr interessante Podcasts zum Anhören. Und Oliver ist Autor des wunderbaren Buches "111 Gründe, die Niederlande zu lieben", das 2019 erschienen ist. 

 

Und jetzt bin ich neugierig, welches ist euer Lieblingsmeer?

 

 

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