„Dies Quartier ist sehr angenehm, alle Piecen (Räume) wohl getrennt, eine große Kinderstube und für mich eine eigene Stube neben dem Wohnzimmer … Es liegt nur drei Häuser von dem ungepflasterten Bassinplatz, der ein herrlicher Tummelplatz für die Kinder ist … Aus meinem Fenster habe ich den Ausblick auf einen kleinen Weingarten“, schrieb der Dichter Theodor Storm 1856 in einem Brief über sein Haus in der Benkertstraße 15.

Heute wohnt wieder ein Künstler in diesem Haus, auch wenn er seine Kunst nicht mit Wörtern, sondern mit Farbe und Pinsel auslebt. Und er ist nicht der einzige Vertreter der kreativen Branche. Viele Designer und Kunsthandwerker schaffen und verkaufen schöne Dinge im Holländischen Viertel. In den vielen Touristen, die durch die Straßen schlendern, haben sie eine interessierte Kundschaft gefunden. Cafés mit einer unglaublichen Auswahl an Käsekuchen oder der leckersten heißen Schokolade der Stadt bieten Entspannung nach dem Sightseeing.

Das Holländische Viertel in Potsdam

Geschichte des Holländischen Viertels

Nach der Wende wurde das Holländische Viertel in großem Stil restauriert und weitgehend in den ursprünglichen Zustand zurückgebracht. Heute kann es sich wieder sehen lassen mit seinen beinahe 300 Jahren, denn schon im Jahre 1740 wurde die Siedlung fertiggestellt.

Gebaut wurde es im Auftrag von Friedrich Wilhelm I., dem König von Preußen, der wegen seiner Vorliebe für das Militär auch Soldatenkönig genannt wird. Die Idee, in Potsdam ein Holländisches Viertel zu errichten, kam ihm während einer Reise durch Holland. Nicht seine erste Reise übrigens, schon im Jahr 1700 und 1704 / 05 war Friedrich Wilhelm I. auf Bildungsreisen in Holland.

Anfang des 18. Jahrhunderts war Holland eine Weltmacht und Vorbild für große Teile Europas. Die Universität in Leiden zog Wissenschaftler, Philosophen und Rechtsgelehrte aus ganz Europa an. Aber auch die holländischen Bauhandwerker galten als sehr tüchtig und erfahren. Und sie wollte der König von Preußen haben, als er 1732 erneut nach Holland reiste.

 

Die Idee eine eigene Siedlung zu bauen, um dort tüchtige Holländer anzusiedeln, hatte er schon im Kopf. Er brauchte nur noch die richtigen Handwerker, die das auch realisieren konnten. Denn der Potsdamer Baugrund war sehr feucht und sumpfig und nur die Holländer wussten damit umzugehen.

Zu jener Zeit war es aber keineswegs lukrativ von Holland nach Potsdam umzusiedeln. Holland war modern und wohlhabend, von diesem kleinen Provinznest Potsdam hatte in Holland noch niemand gehört. König Friedrich Wilhelm I. versprach einiges, um Handwerker und Siedler für sein Projekt zu gewinnen. Reisegeld, Schutz und Unterkunft auf der Reise, ein eigenes Haus mit Grundstück in Potsdam, Befreiung vom Militärdienst, keine Steuern und sogar die Zusage auf Einkünfte.

 

Jan Bouman, Adrianus den Ouden, Anton de Ridder und Huigbrecht Keetel waren die Ersten, die im Oktober 1732 in Potsdam eintrafen. Der Zimmermann Jan Bouman übernahm die Leitung, er entwarf und leitete den Bau der 4 Karrees mit insgesamt 134 Häusern. In 8 Jahren Bauzeit entstanden 59 Giebelhäuser und 75 größere Traufhäuser für Bierbrauer, Händler und Handwerker mit größerem Platzbedarf. Alle gemauert aus rotem Backstein mit einem kleinen Vorgarten und einem Innenhof hinter dem Haus.

So geräumig und komfortabel die Häuser für diese Zeit waren, den erhofften Ansturm von holländischen Siedlern gab es trotz aller versprochenen Privilegien nicht. Nach der Fertigstellung waren nur 22 Häuser von holländischen Familien bewohnt. In den anderen wohnten, neben einigen Soldaten der nahen Garnison mit ihren Familien, sehr viele Handwerker, Gewerbetreibende und Künstler.

Atelier im Holländischen ViertelAtelier im Holländischen Viertel

Traditioneller Türgriff im Holländischen ViertelTraditioneller Türgriff

Straße im Holländischen Viertel in PotsdamTypisch holländische Fassaden

Das Holländische Viertel heute

Wohnungen, Galerien, kleine Läden mit Kunsthandwerk und Souvenirs, Ateliers und schöne Cafés und Restaurant findet man heute in den Häusern der vier Karrees. Alles ist wunderschön restauriert, die Backsteinfassaden leuchten in sattem Rot und die Sprossenfenster sind strahlend weiß gestrichen. Das Holländische Viertel ist sehr beliebt – bei Bewohnern und Touristen.

Die Vorgärten, die es bis 1828 gab, wurden nicht wieder hergestellt, heute parken leider Autos entlang der roten Backsteinhäuser. Aber hinter den Häusern, weiß Andrea Sperling die uns durchs Viertel führt, gibt es immer noch die alten Innenhöfe, schön begrünt mit Garten oder bebaut mit Werkstätten und sogar Wohnhäusern.

 

Einen Blick hinters Haus, in einen der Innenhöfe, können wir im Jan Bouman Haus werfen. Gleich gegenüber dem Käsekuchen-Café in der Mittelstraße 8, wurde dieses Haus als Museum eingerichtet und ist somit für Besucher zugänglich. Originale Bausubstanz von 1735 kann man in diesem typischen Giebelhaus entdecken. Originale Bauteile, die in den anderen Häusern gefunden wurde, werden hier ausgestellt und man erfährt viel über die Geschichte der Siedlung und der Lebensweise der Bewohner.

Aber vor allem kann man die Räume selbst erleben - vom Keller bis unters Dach. Durch eine große Holztür geht es hinaus in den Innenhof. Ein typisches Fachwerkhofgebäude wurde dort wieder errichtet und dahinter befindet sich der Hausgarten. Lange bleiben wir aber nicht draußen, es weht ein kalter Wind und uns fröstelt es trotz Sonne recht schnell.

Zeit, um die kulinarischen Qualitäten des Holländischen Viertels zu entdecken. Eine heiße Holländische Schokolade ist jetzt genau das Richtige.

Käsekuchencafé im Holländischen viertel PotsdamKäsekuchencafé im Holländischen Viertel Potsdam

holl viertel schokoladeDa gehört eine heiße Schokolade natürlich dazu

 

Reiseinfos

Holländisches Viertel, am Nauener Tor in Potsdam
zu erreichen mit der Tram 92 und 96 vom Potsdamer Hauptbahnhof

Jan Bouman Haus, Mittelstraße 8, Potsdam
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 13 – 18 Uhr, Samstag und Sonntag 11 – 18 Uhr
Eintrittspreis: Erwachsene 2,- Euro, Kinder bis 12 Jahre gratis

Café Guam - das Käsekuchen-Café, Mittelstraße 38, Potsdam
geöffnet täglich ab 11 Uhr
Mehr über das Käsekuchenglück in Potsdam könnt ihr bei meikemeilen lesen.

 

Übernachten im Holländischen Viertel

Wer einmal in den charmanten Häusern des Holländischen Viertels übernachten möchte, dem stehen zwei Hotels zur Verfügung.

Apartmenthotel Holländerhaus
In zwei wunderschön sanierten Giebelhäusern aus dem 18. Jahrhundert, sowie mehreren Gebäude in Hinterhof aus dem 19. Jahrhundert sind 12 Apartments für 2 bis 4 Personen untergebracht. Alle Apartments sind mit TV, Radio, einem kostenlosen WLAN-Anschluß und einer komplett eingerichteten Küchenzeile ausgestattet.
Die sehr beliebten und hervorragend bewerteten Apartments könnt ihr ab 95,- Euro u.a. bei booking.com* buchen.

Hotel zum Hofmaler
Am südlichen Rand des Holländischen Viertels, gleich gegenüber des Bassinplatz, befindet sich dieses 3-Sterne-Hotel. Komfortabel eingerichtete Doppelzimmer mit TV, Radio und gratis WLAN können u.a. bei booking.com* ab 100,- Euro gemietet werden.

Jan Bouman Haus im Holländischen Viertel in PotsdamJan Bouman Haus im Holländischen Viertel in Potsdam

Innenhof des Jan Bouman Haus im Holländischen Viertel in PotsdamInnenhof des Jan Bouman Hauses

Im Jan Bouman Haus im Holländischen Viertel in PotsdamAusgeklügelte Details im Innern

Klompen im Jan Bouman HausHolländische Klompen dürfen natürlich nicht fehlen

Straße im Holländischen Viertel in PotsdamStraße im Holländischen Viertel in Potsdam

Hinweis: Der Besuch im Holländischen Viertel wurde unterstützt von Reiseland Brandenburg.

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