Für sehenswerte Kunst muss man nicht unbedingt in die berühmten Museen von Amsterdam. Auch in der sogenannten Provinz, den eher ländlichen Gebieten im Osten der Niederlande, wird man fündig.

Die Kombination mit Wellness, und da gehört leckeres Essen unbedingt dazu, machen unseren Kurztrip perfekt. Genuss pur auf allen Ebenen.

Kunst und Wellness in Twente

Wir sind in Twente, einem Gebiet in der Provinz Overijssel ganz im Osten der Niederlande. Die Grenze zu Deutschland ist in diesem Gebiet rund Almelo und Enschede nie weit weg. Hier spricht man einen westfälischen Dialekt, den so mancher Deutsche wohl verstehen kann.

 

Einmal quer durch Delden

Bevor wir uns der Kunst widmen, machen wir noch einen Rundgang durch das Städtchen Delden. Obwohl das Schloss Twickel wohl zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten des Ortes zählt, lassen wir es heute dennoch aus. Das Schloss und den schönen Schlosspark habe ich mir nämlich bereits bei einer Schlössertour vor einigen Jahren angesehen.

Wir sind mit Stadtführerin Marieke verabredet. Auf dem kleinen Marktplatz, am Wasserpumpen-Denkmal, treffen wir uns. Und hier hören wir auch bereits die erste interessante Geschichte.

 Im Jahr 1894 wurde dieses Denkmal errichtet, um dem im Schloss ansässigen Baron für die Errichtung der Wasserleitung zu danken. Ein Todesfall nach einer Diphtherie-Erkrankung in der Familie überzeugte den Baron damals von der Wichtigkeit von sauberem Trinkwasser.

Die erste Idee, einen Brunnen zu bohren, schlug zwar fehl, jedoch wurde dabei ein größeres Salzvorkommen entdeckt. In Zeiten des 1. Weltkriegs wurde mit der Gewinnung begonnen, die bis heute andauert. Im historischen Rathaus angrenzend an den Marktplatz ist nun ein Salzmuseum untergebracht, indem man alles Erdenkliche über Salz erfahren kann.

Die Alte Blasiuskirche stand damals bereits seit langer Zeit. Sie wurde schon im 15. und 16. Jahrhundert gebaut. Ziemlich groß und massiv ist die Hallenkirche aus Bentheimer Sandstein. Sicherlich wenn man bedenkt, dass Delden zu dieser Zeit nur aus dem kleinen Ortskern innerhalb der Stadtbefestigung bestand.  

Von der Festung selbst und auch von den zwei Stadttoren ist heute nichts mehr übrig. Jedoch kann man deren Verlauf noch gut am Straßenbild erkennen. Zwei ringförmige Straßen führen ringsum den Stadtkern, in deren Mitte früher der Wall und die Stadtgracht verliefen.

Heute ist dieses Gebiet natürlich bebaut. Auch die ehemalige Textilfabrik aus dem Jahr 1866 steht hier. Ich mag das für die damalige Zeit so typische Sheddach, das aufwendige Mauerwerk und den gemauerten Schornstein. Und dass Delden die Fabrik zwar bereits 1970 in ein Einkaufszentrum verwandelt, jedoch die Bausubstanz erhalten hat, finde ich einfach nur wunderbar.

twente delden pumpendenkmalHistorische Gebäude mit Treppengiebel am Platz mit dem Pumpendenkmal

twente delden wasserturmAuch ein Wasserturm lies der Baron seinerzeit errichtet

twente delden historischesFrüher die Post, heute ein schöner Blumenladen

twente delden kircheDas Pfarrhaus neben der Kirche wurde 1872 gebaut

twente delden textilfabrik28 m hoch ist der Schornstein der ehemaligen Textilfabrik

Kunst ohne Helden

In historischem Gemäuer hat auch das Museum No Hero sein Unterkommen. 1725 wurde das Gebäude als Büro und Wohnhaus des herrschaftlichen Gutsverwalters gebaut. Als Kunst-Museum fungiert es seit 2017. Historische Details wie eine schöne Stuckdecke blieben erhalten, dennoch überwiegt bei der Einrichtung modernes Design.

Im Museum gibt es keine Helden, erklärt uns Gerard Kokhuis, als wir nach der Bedeutung des Namens fragen. Weder Geert Steinmeijer, auf dessen Privat-Sammlung das Museum basiert, noch die Künstler sind die wichtigsten Personen. Der Betrachter soll im Vordergrund stehen. Er soll selbst entdecken, welche Emotionen ein Kunstwerk in ihm weckt.

Die Kunst, die es im Museum zu sehen gibt, ist sehr divers. „Kunst aus fünf Jahrhunderten und aus fünf Kontinenten“ umschreibt es dann auch sehr treffend.

In verschiedenen Räumen sind Werke zu verschiedenen Themen zusammengestellt. Auch die Gestaltung und Farbgebung des Raumes passt sich dem Thema an. Lässt man sich darauf ein und nimmt die Atmosphäre des jeweiligen Raumes auf, ist dieses Wechselspiel keineswegs verwirrend. Die Variation empfinde ich als sehr spannend und als eine wahre Bereicherung.

Im Erdgeschoss sind spannende Porträts in der Sonderausstellung „Auge in Auge mit der Welt“ zusammengestellt. Manche schön, andere konfrontierend oder sogar regelrecht abstoßend. Sehenswert sind sie allemal.

twente museum no hero deckeDas niederländische Lampen-Design von moooi passt prima zur historischen Stuckdecke

twente museum no hero kunstUnterschiedliche Wandfarben in den Räumen passend zur Kunst

twente museum no hero modernekunstKunst der Moderne, darunter einige ZigZag-Stühle von Rietveld

twente museum no hero portraitsGerard zeigt uns einige Ausstellungstücke, wie dieses beeindruckende Porträt

Kunst in Enschede

Eine etwas andere Größenordnung als das relativ kleine Privatmuseum No Hero hat das Rijksmusem Twenthe in Enschede. Eine große Bandbreite bei der gezeigten Kunst haben sie beide gemein.

Wir entdecken religiöse Kunst aus dem 15. und 16. Jahrhundert sowie Werke zeitgenössischer Künstler. Typisch holländische Landschafts-Malerei oder auch Werke von Claude Monet. Eine Wechselausstellung befasst sich mit dem Futurismus und seinem Begründer Marinetti. In einer Zweiten entdecken wir die faszinierenden Werke von Carlijn Kingma.

In unglaublich detaillierten Zeichnungen zeigt sie uns „das Wasserwerk unseres Geldes“. Mithilfe von Experten hat sich die Künstlerin in das heutige Finanzsystem vertieft und dessen Funktionsweise bildlich in eine große Maschinerie umgesetzt. Die Masse an Details ist einfach überwältigend. Selbst Stunden würden nicht ausreichen, um auch nur eine Zeichnung vollständig zu „entziffern“.

Mein ganz persönlicher Favorit im Museum ist die Installation „10 Meters of Sound“ von Philip Vermeulen. Die runddrehenden elastischen Bänder erzeugen nicht nur sich ständig verändernde Muster, sondern dazu noch Geräusche. Von angenehm wie ein säuselnder Wind bis beängstigend wie ein schwerer Sturm. Ein geniales Kunstwerk, das ich nicht nur sehe und höre, sondern auch noch in meinem Innersten spüre. Faszinierend!

twente rijksmuseum innenhofDer Innenhof des Rijksmuseum mit dem Café im modernen Teil ist frei zugänglich

twente rijksmuseum gemäldeWindmühlen waren auch zu früheren Zeiten ein beliebtes Motiv

twente rijksmuseum kingmaDie Künstlerin Carlijn Kingma ist heute selbst anwesend und erläutert ihre Zeichnungen

twente rijksmuseum soundEin Kunstwerk, das man selbst erleben muss - 10 m of Sound

Wellness im Haus

Für unsere geistige Inspiration haben wir während unseres Aufenthalts in Twente mit viel Kunst gesorgt. Für die Entspannung kommt Wellness ins Spiel. Dafür müssen wir nicht weit fahren. Wir bekommen sie in unserer Unterkunft quasi frei Haus geliefert.

Wir verbringen die Tage in einem schicken Ferienhaus bei Mooi Twente Lodges etwas außerhalb von Markelo. Die Bungalows sind ziemlich neu und komfortabel ausgestattet. Große Fenster, schicke und bequeme Möbel sowie eine moderne, gut ausgestattete Küche. Ein Gaskamin sorgt abends sowohl im Wohnzimmer als auch auf der Terrasse für eine angenehme Stimmung und wohlige Wärme.

 Wärme ist dann auch das passende Stichwort zum Thema Wellness. In unserem Badezimmer ist nämlich auch eine Sauna untergebracht. Dass sie etwas klein und die Sitzhöhe eigentlich zu niedrig ist, sei mal dahingestellt. Mit etwas Flexibilität kann man darin dennoch gemeinsam schwitzen und das ist das Wichtigste.

Ein kleines oder besser gesagt großes Highlight auf der Terrasse macht das dann wieder wett. Dort steht nämlich ein Whirlpool mit frisch eingelassenem und gut geheiztem Wasser für uns bereit. Noch schnell ein Glas Sekt eingeschenkt und schon können wir Sternenhimmel und Vollmond im warmen Bubbelbad genießen.

twente mooi twente lodgesUnsere Lodge mit Terrasse und großem Whirlpool

twente lodge wohnenGemütlich und modern eingerichteter Wohnraum mit Küche

twente lodge kaminEs wird Abend, der Kamin brennt schon mal

twente lodge jacuzziEs ist angerichtet!

Tee und Häppchen

Wellness, also Wohlbefinden, beinhaltet für mich auch gutes Essen. Und auch dafür habe ich Tipps für euch.

Wir beginnen mit einem High-Tea, für den wir einen Tisch bei Grand Cafe de Zon in Goor reserviert haben. Verschiedene Teesorten und eine Thermoskanne mit heißem Wasser stehen schon bereit, als wir dort eintreffen. Dazu eine Karaffe Wasser mit Limone und Minze, falls wir zwischendurch etwas Frisches möchten.

Eine heiße Suppe und kleine Kroketten werden uns serviert sowie eine Etagere mit zahlreichen herzhaften und süßen Häppchen. Kleine Toasts mit Lachs oder Hühnchenfleisch, englische Scones sowie Brownies und Kuchen.

Obwohl wir uns die größte Mühe geben alle Leckereien zu verspeisen, schaffen wir es nicht. Aber kein Problem, die Reste werden uns kurzerhand eingepackt und für später mitgegeben.

twente high tea roseDer Tee aus Rosenblüten sieht nicht nur schön aus, er riecht und schmeckt auch herrlich

twente high teaHeiß und kalt, herzhaft und süß - die Auswahl beim High Tea ist groß

Wilde Köstlichkeiten

Es ist glücklicherweise Herbst und damit Wild-Saison. Dazu haben wir mit der Reservierung für ein Diner bei Herberg De Kemper regelrecht ein goldenes Los gezogen. Die Liebe zur Gastronomie merkt man unseren Gastherren an, und zwar vom Empfang bis zum letzten Bissen.

Das Restaurant liegt außerhalb, bei Nacht fühlt es sich ein bisschen an wie eine Reise ins Nirgendwo. Die Gaststube ist einladend warm und angenehm beleuchtet, wir fühlen uns gleich wohl. Mit einem ersten Schluck Wein und einem Vorspeisenteller vor der Nase wird das sogar noch gesteigert.

Gehacktes vom Reh, Gänsebrust und eine Terrine vom Fasan wird uns serviert. Zum Hauptgericht werden wir mit in Speck gewickeltem Steak vom Hirsch auf einem Püree aus Pastinaken verwöhnt. Und die Schokoladen-Mousse mit frischen Himbeeren zum Dessert ist ein wahrlich würdiger Abschluss.

Alle Gerichte sind mit frischen Kräutern zubereitet und sehr schmackhaft. Das Fleisch ist zart und von hervorragender Qualität. Sehr, sehr lecker!

Als wir dann noch erfahren, dass sie in der renovierten Scheune einige schicke Zimmer vermieten, machen wir in Gedanken schon mal Pläne für unser nächstes kulinarisches Wochenende in Twente.

twente herberg kemper vorspeiseEine feine Auswahl, eines leckerer als das andere

twente herberg kemper dessertDer krönende Abschluss eines hervorragenden Menüs

 

Reiseinfos

Museum No Hero

Hengelosestraat 2/4, Delden

Privates Museum mit sehr unterschiedlicher Kunst, indem  viele ehrenamtliche Helfer mitarbeiten. Auch ein Skulpturengarten und ein Museumscafé sind vorhanden.

Im Frühjahr 2023 steht eine Ausstellung auf dem Programm mit Kunst, die in DDR-Zeiten entstanden ist, aber damals selten in der Öffentlichkeit gezeigt wurde.

  • Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag, 11 – 17 Uhr
  • Eintritt: Erwachsene € 12,50, Jugendliche (13 - 18 Jahre) € 6,50, mit Museumkaart oder Studentenausweis € 5,-

 

Rijksmuseum Twenthe

Lasondersingel 129 – 131, Enschede

Sehr abwechslungsreiches Museum mit mehreren Wechselausstellungen im Jahr. Der Innenhof und das Museumscafé sind auch ohne Eintrittskarte zugänglich.

  • Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10 – 17 Uhr
  • Eintritt: Erwachsene € 15,-, Kinder, Jugendliche und Besitzer einer Museumkaart gratis

 

Mooi Twente Lodges

Traasweg 5, Markelo

Kleiner Bungalowpark mit Wellness-Lodges, die alle über zwei Schlafzimmer und zwei Badezimmer verfügen. In einem der Badezimmer befindet sich eine Sauna für zwei Personen, auf der Terrasse ein Jacuzzi für vier Personen.

 

Grand Café de Zon

Kerkstraaat 20, Goor

Café und Restaurant für Lunch, Diner und auch High-Tea.

Geöffnet Mittwoch bis Sonntag, 11 – 22 Uhr

 

Herberg De Kemper

Kemperweg 4, Markelo

Restaurant und Hotel im Grünen. Im Sommer auch Sitzmöglichkeiten im Garten.

Montags und dienstags hat das Restaurant Ruhetag.

 

twente museum no hero toiletteKunst bis in den letzten Winkel, sogar auf der Toilette 

Hinweis: Twente besuchten wir mit Unterstützung von Euregio und Das andere Holland.

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