„Nur der sitzende Mensch kann gerechte Entscheidungen treffen, wer wütend aufspringt, stößt sich den Kopf“ lese ich auf der Infotafel über die Toguna. Die Toguna ist sozusagen das Rathaus der Dogon, ein Volk im afrikanischen Mali, erfahre ich hier und endlich hat das Rätselraten über die Funktion dieser etwas seltsam anmutenden Konstruktion ein Ende.

Ich bin nicht in Afrika unterwegs, sondern zwischen grünen Wiesen und Wald am Ortsrand von Berg en Dal. Dieser Ort liegt in Gelderland, gleich neben Nijmegen und direkt an der deutschen Grenze. Hier im Afrika Museum findet man nicht nur eine unglaubliche Sammlung an afrikanischer Kunst und Kultur, sondern auch gebaute und erlebbare Architektur.

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Nachdem die Missionare über einige Jahrhunderte versuchten die christliche und europäische Kultur den Völkern in Afrika nahezubringen, kam man endlich auf die Idee, der hiesigen Gesellschaft die afrikanische Lebensweise etwas umfangreicher vorzustellen. Pater Bukkems, ein ehemaliger Missionar, übernahm in den 50er Jahren die Initiative für das Museum. Und in den letzten 60 Jahren ist die Sammlung von Kunst- und Kulturgegenständen der afrikanischen Völker südlich der Sahara sehr gewachsen und das Museum musste schon mehrfach erweitert werden.

Das Afrika Museum wurde mir schon seit Längerem von Bekannten empfohlen und Fotos der afrikanischen Häuser haben mich sehr neugierig gemacht. Dennoch hatte ich keineswegs so ein schickes, modernes und toll gemachtes Museum erwartet.

Zu Beginn des Rundgangs wird ein kritischer Blick auf das Bild des „Negers“ in den Köpfen der hiesigen Gesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten geworfen. Dazu werden keine großen politischen Dinge angeführt, sondern unser Alltag. Auch wenn mir die „Seife, die auch den Schwarzen weiß wäscht“ nicht bekannt ist, bin ich doch mit „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“ und „10 kleine Negerlein“ aufgewachsen.

Ein Mix aus moderner und traditioneller Kunst erwartet einen in den anschließenden Räumen. Große, raumhohe Installationen und Skulpturen, kleine Schmuckstücke oder moderne Malerei, alles ist vertreten. Wunderschöne Masken drehen sich unter Scheinwerfern und kunstvolle Schalen werden in beleuchteten Nischen zur Geltung gebracht.

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Ich komme an einem Licht durchflutetem Atrium vorbei, wo in einer Wechselausstellung moderne Wandteppiche von Abdoulaye Konaté aus Mali gezeigt werden, bevor es mit einer Treppe nach oben geht.

Es wird dunkler und mystischer. Religion und Lebensweise werden einem hier, mit zahlreichen Ausstellungsstücken aus den verschiedenen Kulturen, näher gebracht. Übergangsrituale, Voodoo und Heilungszeremonien werden beleuchtet. Sehr interessant und aufschlussreich.

Auf Wandtafeln gibt es viel Wissenswertes zu lesen, leider aber nur auf Niederländisch. Es gibt zwar eine Audio-Tour auf Deutsch, aber die ist bei Weitem nicht so umfangreich. Nur die Informationen der Haupttafeln sind übersetzt und in die Audio-Tour aufgenommen.

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Nach einiger Zeit raucht mir dann doch der Kopf von so vielen Eindrücken und Informationen. Dass es jetzt nach draußen geht, kommt mir dann gerade recht. Denn zum Museum gehört auch ein Freigelände, wo die anfangs erwähnte traditionelle Architektur zu finden ist.

Auf dem Gelände sind Häuser bzw. ganze Anwesen aus 5 verschiedenen Ländern verteilt. Alles wurde nach einem konkreten Vorbild nachgebaut und auch entsprechend eingerichtet. In der Küche der Pfahlhäuser aus Benin stehen die Schüsseln mit Gemüse bereit und die Plastik-Kleiderbügel unter dem Strohdach des Kusasi-Haus in Ghana kommen der Realität vermutlich sehr nahe.

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So gut mir das Museum innen gefällt, so maßlos begeistert bin ich vom Außengelände. Und das, obwohl es eigentlich gar nicht so richtig geöffnet ist. Während der Wintermonate bis Ende März sind die Häuser nämlich nicht komplett eingerichtet und einige, wie z.B. die afrikanische Bar, sind sogar ganz geschlossen.

Auf Infotafeln werden die Herkunft und Funktion der Häuser und die dazugehörige Lebensweise sehr schön erklärt und hier im Außengelände sogar auch auf Deutsch. Das Außengelände ist sicher auch für Kinder spannend und interessant und das nicht nur, weil es auch einen sehr schönen Spielplatz gibt. Also auf ins Afrika Museum!

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Info Afrikamuseum

Afrika Museum, Postweg 6, Berg en Dal

Öffnungszeiten: Dienstag – Sonntag 10 bis 17 Uhr, montags nur in den Schulferien geöffnet

Eintritt: Erwachsene 14,- Euro, Kinder (4 bis 18 Jahre) 6,- Euro, Familienticket 32,50 Euro; mit Museumkaart gratis
Kein Zutritt mit Hunden.

Erreichbarkeit: mit dem Auto sehr einfach über Kleve und Kranenburg (Parkplatz 2,- Euro);
mit dem Bus Nr. 3 direkt in 20 Minuten vom Bahnhof in Nijmegen

 

 

Hinweis: Das Museum Het Valkhof habe ich im Zuge einer Recherchereise besucht, bei der ich freundlicherweise von RBT KAN, dem Touristenbüro der Regio Arnhem Nijmegen, und dem Niederländische Büro für Tourismus & Convention unterstützt, wurde.

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