Begeisterter Wintersportler darf man nicht sein, wenn man im Woudagemaal in Lemmer arbeitet. Vom 1. Oktober bis zum 1. April ist Sturmsaison und das heißt Bereitschaft und Urlaubssperre fürs Personal. Auch wenn das Dampfschöpfwerk unter Denkmalschutz steht, bedeutet das noch lange nicht, dass es nicht mehr in Betrieb ist.

Zugegeben die tägliche Arbeit wird von den modernen elektrischen Pumpwerken in der Umgebung verrichtet. Aber wenn Not am Mann ist und der Wind das Wasser des Ijsselmeers in die Polder von Friesland treibt, wird im Woudagemaal angeheizt und die Dampfmaschinen sorgen dafür, dass die Friesen wieder trockene Füße bekommen.

woudagemaal

Unglaubliche 4 Millionen Liter Wasser, das sind 28.571 gefüllte Badewannen, pumpt das Woudagemaal in der Minute. Diese Arbeit wird durch 8 Kreiselpumpen erledigt, die wiederum von 4 Dampfmaschinen angetrieben werden. Kohle schaufeln muss heutzutage aber keiner mehr, seit 1967 wird Öl dazu benutzt, um Wasser in Dampf zu verwandeln.

Es muss ordentlich dampfen und zischen, wenn das Woudagemaal in Betrieb ist. Leider kommt dies nur selten vor, aber wenn, dann stehen die Besucher stundenlang Schlange, um dieses Schauspiel live zu erleben.

Damit auch alle anderen in den Genuss kommen und zumindest einen Eindruck davon bekommen, was es heißt die Dampfmaschinen in Gang zu setzen, gibt es im Besucherzentrum einen kurzen Film darüber. Interessant und witzig gemacht und das auch noch in 3D. Damit auch ausländische Besucher alles verstehen, gibt es entsprechende Untertitel, auch auf Deutsch.

das moderne Besucherzentrum beim Woudagemaal Das moderne Besucherzentrum beim Woudagemaal

Überhaupt ist die Mehrsprachigkeit vorbildlich geregelt. In 8 Sprachen erklärt eine App, die man sich beim Besuch einfach herunterladen kann, Wissenswertes über das Woudagemaal. Dann bei den durchnummerierten Infopunkten die entsprechende Nummer eingeben und schon geht es los. Und keine Angst, falls man nicht mit Smartphone unterwegs ist, kann man sich an der Kasse ein iPad ausleihen.

Im modernen Besucherzentrum lernt man auf innovative Art und Weise viel über den niederländischen Umgang mit dem Wasser. Ohne ständiges Pumpen würden große Teile des Landes ständig unter Wasser stehen.

Auch an die Kinder wurde gedacht und eine interessante und spannende Entdeckungs- und Rätseltour ausgearbeitet. Am Ende gibt es auch eine Belohnung und der Sprössling wird zum offiziellen Hilfsmaschinisten des Woudagemaals ernannt. Selbstverständlich mit Brief und Siegel bzw. einer schönen Urkunde zum Mitnehmen. Übrigens vorbildlich auch hier, die Entdeckungstour steht auf Deutsch zur Verfügung.

woudagemaal ausstellungIn einer interaktiven Ausstellung erfährt man viel Wissenswertes

Jetzt geht es zum schönsten Teil. Über eine Brücke gelangen wir ins Freie und, vorbei am 60 m hohen Schornstein, zum eigentlichen Dampfschöpfwerk. Im Jahr 1920 wurde es im Stil der Amsterdamer Schule gebaut und wunderschöne Details im Backsteinmauerwerk finden sich beim genaueren Hinsehen überall. Namensgeber war übrigens der Ingenieur Dirk Frederik Wouda, der für den Entwurf und die Ausführung des Dampfschöpfwerks verantwortlich war.

Stolz erzählt uns die Direktorin Hilda Boesjes-Beljon, dass das Woudagemaal schon seit 1998 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes steht. Spätestens beim Eintreten in die große Maschinenhalle weiß man auch warum.

WOW, was kann Technik doch schön sein. Blank polierte Hebel und Ventile. Große und kleine Räder zum Öffnen und Schließen von Leitungen. Uhren, die den Dampfdruck und Gläser, die den Stand des Hydrauliköls anzeigen. Selbst die Kannen, um das Öl nachzufüllen und die Tafeln, an denen das benötigte Werkzeug hängt, sind penibel entworfen und ein Fest für das Auge.

woudagemaal pumpenWunderschöne Technik in der Maschinenhalle

Es riecht nach Maschinenöl. Aber sonst ist es mit keiner Maschinenhalle vergleichbar, die ich je gesehen habe. Es ist hell. Die Sonne scheint durch die großen Fenster und man blickt hinaus aufs IJsselmeer. Die Backstein-Wände sind teilweise mit wunderschönen Keramikfliesen verkleidet.

Hilda zeigt nach oben und macht uns auf das hölzerne Dach aufmerksam. Aus Sicherheitsgründen wurde das so leicht gebaut. Falls mal was schief gehen sollte und ein Dampfkessel würde explodieren, würde einfach das Dach weggeblasen. Weit weniger gefährlich, als wenn einem gleich das ganze Gebäude um die Ohren fliegt.

Passiert ist das, soweit ich weiß, noch nie. Das Gebäude des Woudagemaals ist nahezu im Originalzustand, wie vor beinahe 100 Jahren.

woudagemaal machinenhalleMeist ungenutzt, aber dennoch betriebsbereit - die Pumpen im Woudagemaal

 

Reiseinfos Woudagemaal

Ir. D.F. Woudagemaal, Gemaalweg 1a, Lemmer

Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag von 10- 17 Uhr, Sonntag 13 – 17 Uhr; im Januar geschlossen
Das Besucherzentrum kann eigenständig besichtigt werden, das Woudagemaal selbst nur in Form einer Führung. Die letzte Führung beginnt um 16 Uhr.

Eintrittspreise: Erwachsene und Jugendliche ab 17 Jahren 8,- Euro, Senioren ab 65 Jahren 6,- Euro, Kinder und Jugendliche von 5 bis 16 Jahren 5,- Euro. Eine Familienkarte für max. 2 Erwachsene und 3 Kindern gibt es für 25,- Euro.

 

Hinweis: Der Besuch im Woudagemaal in Lemmer war Teil einer Recherchereise, bei der ich freundlicherweise von Beleef Friesland und dem Niederländische Büro für Tourismus & Convention unterstützt wurde.

 Heizkessel im Woudagemaal In den großen Heizkesseln wird der Dampf für den Betrieb der Pumpen erzeugt

woudagemaal thermometerKeine Hitze heute im Kessel

woudagemaal oelglaeserIst die Pumpe auch gut geölt?

woudagemaal schornsteinDen hohen Schornstein des Woudagemaals kann man schon von weitem sehen

woudagemaal ansichtSchöne Ansicht, oder nicht?!

 

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