Wie beschützt man ein Land, das zu 27 % unter dem Meeresspiegel liegt, vor angreifenden Truppen? – Man setzt es unter Wasser!

Zumindest in früheren Zeiten, noch vor Flugzeugen und Raketenwerfern, funktionierte diese Strategie recht gut. Landstriche, die knietief unter Wasser standen, stoppten die feindlichen Truppen mit ihren schweren Kanonen.

Kilometerlang zog sich diese Wasserlinie durchs Land. Aufgereiht, wie an einer Perlenschnur, Forts voller holländischer Soldaten, die die ausgebremsten Angreifer zurückschlagen sollten. In Utrecht, damals eine wichtige Garnisonsstadt, wurden gleich mehrere Forts gebaut. Noch heute sind sie weitgehend erhalten und teilweise auch öffentlich zugänglich.

forts utrecht waterlinie

Die Forts rund um Utrecht gehören zur Neuen Holländischen Wasserlinie, deren Bau 1816 begann. Bereits im 17. Jahrhundert gab es eine Wasserlinie, die aber viel weiter im Westen lag. Utrecht war damit völlig ungeschützt und die Stadt wurde damals von den Franzosen auch schnell erobert. Mit der neuen Verteidigungslinie sollte das nicht mehr passieren.

Utrecht hat jedoch ein Problem. Vor den Toren der Stadt ist das Land nicht flach und tief, hier gibt es den Utrechtse Heuvelrug. Hügel, die ein Unterwassersetzen unmöglich machen. Mehrere Forts, von wo aus man die Umgebung verteidigen konnte, sollten deshalb Abhilfe schaffen und die Lücke in der Wasserlinie sichern.

Apropos Verteidigung, so richtig viel zu tun gab es in den Forts der neuen Wasserlinie nie. Schon während des Baus der Forts hinkten sie ihrer Zeit hinterher. Die Reichweite der Kanonen schritt in rasendem Tempo voran und die Wasserlinie stellte kein großes Hindernis mehr dar. Zwar wurden die Forts in den beiden Weltkriegen bemannt, aber gekämpft wurde dort eigentlich nie.

 

4-Forts-Radtour rund um Utrecht

Gleich vier Forts liegen auf unserer heutigen Radtour rund um Utrecht und das auf gerade einmal 23 km Länge. Ideal für eine Nachmittagstour oder noch besser, ihr macht es wie wir und plant gleich mal ein paar Besichtigungen mit ein.  

Bei Fort Voordorp und Fort Blauwkapel geht unsere Besichtigung recht schnell, denn nur wenig ist dort öffentlich zugänglich und kann besichtigt werden. Fort Voordorp können wir hinter Wassergraben und dichter Begrünung nur erahnen. Ein großes Tor versperrt uns den Weg ins Fort, das jetzt für Veranstaltungen und Events gebucht werden kann. Im Fort Blauwkapel hat sich ein kleines Wohngebiet entwickelt. Die Bewohner wohnen hier schön im Grünen und Tür an Tür mit der ehemaligen Kaserne, die noch gut erhalten ist.

Ganz anderes erwartet uns im Fort Vechten. Nach einer Radtour durch die schöne Innenstadt von Utrecht radeln wir im Süden der Stadt wieder ins Grüne. Es geht durch mächtige Baumalleen und auch an einem hölzernen Wachturm aus der Römerzeit kommen wir vorbei. Natürlich ein Nachbau, aber imposant ist er dennoch.

Radtour zum Fort VechtenWir radeln durch wunderschöne Alleen auf dem Weg zum Fort Vechten

Waterliniemuseum im Fort Vechten

An Imposanz fehlt es dem Fort, das vor uns auftaucht, wahrlich auch nicht. Fort Vechten wurde erst vor wenigen Jahren restauriert und in einem Teil wurde das Nationale Waterliniemuseum eingerichtet. Schon der Eingang zum Fort ist spektakulär. Eine Brücke führt über den sehr breiten Wassergraben und durch einen schmalen Schlitz im hohen Verteidigungswall betreten wir das Gelände.

Die Überwucherungen der letzten Jahrzehnte wurden teilweise entfernt, sodass man einen guten Eindruck vom ursprünglichen Fort bekommt. Nur ein Schild weist uns den Weg zum Eingang des Museums, vom Neubau selbst ist von außen rein gar nichts zu sehen. Durch historische Gemäuer unter dem großen Wall treten wir ein, um kurz darauf im modernen, mit Sichtbeton und großen Fensterflächen ausgestalteten, Eingangsbereich zu stehen. Über einen Innenhof wird das Museum von oben belichtet, ohne dass das Fortfeeling verloren geht. Die Betonwände und die großen schweren Türen verstärken diesen Eindruck zusätzlich.

Wer holländische Museen kennt, weiß, dass man hier Geschichte sehr anschaulich und unterhaltsam präsentiert bekommt. Multi-medial und keineswegs langweilig erfährt man viel über die Hintergründe, den Bau und die Nutzung der Hollandse Waterlinie. Das große Modell im Innenhof, mit dem man die Waterlinie selbstständig fluten kann, ist wegen Computer-Problemen leider trocken gelegt. Aber ein spektakulärer Virtual-Reality-Absprung mit dem Fallschirm über dem Gebiet der Wasserlinie macht das mehr als wett.

Fort Vechten bei UtrechtEine dicke Lage Erde schützt das Fort von oben

fort vechten utrecht, waterliniemuseumModerne Architektur im Waterliniemuseum, die perfekt zum Fort Vechten passt

fort vechten utrecht, waterliniemuseum modellDie Schleusen öffnen und die Wasserlinie fluten, anschaulicher kann man Geschichte nicht machen

fort vechten utrecht, waterliniemuseum virtual reality1, 2, 3 und Sprung - Virtual Reality die viel Spaß macht 

Natur im Fort Rijnauwen

Wieder sicher gelandet, geht es zurück auf den Fahrradsattel. Nur ein paar Minuten, denn Fort Rijnauwen ist nur ein kleines Stück entfernt. Dieses Fort ist nicht nur das Größte, sondern wohl auch das grünste Fort entlang der Wasserlinie.

Am heutigen Sonntag herrscht ganz schöner Trubel rund ums Fort. Die Gegend um das Fort Rijnauwen und das angrenzende Landgut Amelisweert sind sehr beliebt für einen Ausflug. Es wird geradelt und gewandert und auf der großen Terrasse des Theehuis Rijnauwen drängen sich die Gäste unter den Sonnenschirmen.  Für uns gibt es keine Pfannkuchen, die dort sehr gut sein sollen, wir wollen zur Führung im Fort Rijnauwen, die pünktlich um halb zwei beginnt.

 

An der Übersichtskarte erklärt uns Dick de Wissel erst den Aufbau des gesamten Forts, bevor wir es durch das Tor betreten. Kaum haben wir das Eingangsgebäude passiert, öffnet sich eine große offene Fläche vor uns. Sehr viel Grün mit einigen seltenen Wildblumen und dazu große markante Bäume findet man hier.

Das Fort ist in der Hand des Staatsbosbeheer, also der  staatlichen Naturschutzbehörde, und somit spielt die Natur im Fort eine sehr große Rolle. Man versucht nur wenig einzugreifen. Nur wenn die Natur die Bausubstanz anzugreifen droht, wird ihr Einhalt geboten. Auch einige Tiere leben im Fort, weiß Dick zu berichten, Rehe, Dachse und verschiedene Marderarten fühlen sich zwischen den historischen Mauern heimisch. Nichts lässt sich blicken und auch der Eisvogel, der an den Ufern des Wassergrabens wohnt, bleibt irgendwo im kühlen Schatten verborgen.

fort rijnauwen bei utrechtMit 32 Hektar ist das Fort Rijnauwen das Größte der Wasserlinie

fort rijnauwen utrecht innengebietKaum drin im Fort streckt sich eine große offene Fläche vor uns aus

fort rijnauwen blumenUnd zwischen all dem Grün verborgen, blühen wunderschöne Blumen

Fort-Architektur und ein Highlight zum Schluss

Auch wir entfliehen der sommerlichen Hitze und betreten die kühlen Räumlichkeiten des Forts. Unser Guide nutzt die Pause, um uns mithilfe einiger Dias die Funktion des Forts und der gesamten Wasserlinie zu erklären. Die gesamte Dimension des Bauwerks können wir bei unserem Rundgang kaum erfassen. Überall Mauern und Eingänge, die Gebäude selbst unter dicken Erdschichten begraben. Die Größe der Kasernen und Lager sind von außen nicht zu erkennen, erst im Innern realisieren wir die Weitläufigkeit. Raum grenzt an Raum, nach außen durch massiv gemauerte Backstein-Wände geschützt, die teilweise meterdick sind. 3,5 Meter an der dicksten Stelle, um genau zu sein.

 

Ein Highlight gibt es zum Schluss der 2,5-Stunden-Tour – das Reduit. Was sich in der französisch beeinflussten Militärsprache sehr poetisch anhört, ist eigentlich ein verstärkter Verteidigungsbau, in den sich die Truppen zurückziehen konnten, falls der erste Verteidigungswall durchbrochen wurde.  

Das Reduit im Fort Rijnauwen hat aber durchaus was Poetisches inne. Ein mit Seerosen bewachsener Wassergraben, überspannt von einer Zugbrücke, schützt das pompöse Eingangsportal. Ranken von üppigem Grün, die über die Mauer wachsen und die Löwen über dem Eingang zu umspielen scheinen, machen das romantische Motiv perfekt.

Die Löwen sind Teil des Wappens von König Wilhelm III., der für den Bau des Reduits sein Portemonnaie öffnete. Dem größeren Geldsegen und scheinbar auch einem Faible für mittelalterliche Burgen, verdankt das Bauwerk sein eher unmilitärisches Aussehen.

Und das nicht nur von außen, auch im Innern warten Überraschungen auf uns. Meisterlich gemauerte Gewölbe, die sich gleich in mehrere Richtungen runden. Dazu eine gusseiserne Treppe, die auch ein Herrenhaus zieren könnte, lassen uns staunen. Wow, was für ein toller Abschluss unserer Tour!

 fort rijnauwen reduitWie der Eingang zu einem verwunschenen Schloss

fort rijnauwen utrecht, mauerwerkIm Innern zwar keine Kunstschätze, aber sehr kunstvoll gemauerte Gewölbe

fort rijnauwen utrecht,  treppe...und eine kunstvolle Treppe, die man in einem Fort auch nicht erwartet

 

Reiseinfos Forts bei Utrecht

Radtour 4-Forts-Route rund um Utrecht

Länge: 23 km

Knotenpunkte: 28 – 31 – 38 – 37 – 35 – 98 – 39 – Fort Vechten – 40 – 41 – Fort Rijnauwen – 44 – 87 – 88 – 89 – Fort Voordorp – 90 – Fort Blauwkapel – 28

Da die Radtour ein Rundweg ist, kann man von jedem Punkt aus starten. Wir sind direkt am Fort Voordorp eingestiegen, da wir mit den kleinen Forts beginnen wollten. Außerdem war dieser Punkt von unserem Hotel aus praktisch zu erreichen.

Allgemeine Infos zum Knotenpunktsystem der Radwege findet ihr hier. Die Route zum Herunterladen, auch mit GPS-Daten, findet ihr auf route.nl.

 

Fort bij Vechten

Achterdijk 10-14, Bunnik

Das Fort selbst ist gratis zugänglich. Nur für die Ausstellungen und den Zugang zum Waterliniemuseum wird Eintritt verlangt.

Öffnungszeiten: Dienstag – Sonntag 10 bis 17 Uhr. Während der Sommerferien (10.7. – 27.8.2017) auch montags geöffnet.

Eintritt Museum: Erwachsene und Jugendliche 7,50 Euro, Kinder (5 – 12 Jahre) 5,- Euro; Eine Familienkarte für 2 Erwachsene und 3 Kinder kostet 20,- Euro.
Zusätzlich gibt es tägliche Führungen durch das Fort, Kosten 4,50 Euro pro Person. Info und Start an der Rezeption des Museums.

Erreichbarkeit: Natürlich mit dem Fahrrad, aber auch ganz bequem mit dem Auto. Am Eingang gibt es einen großen Parkplatz, die Parkgebühr liegt bei 3,- Euro.

 

Fort bij Rijnauwen

Vossegatsedijk 3-5, Bunnik

Das Fort ist nur mit einer Führung zugänglich. Im Prinzip sind diese auf Niederländisch, aber der Führer erklärt auch gerne etwas auf Englisch oder Deutsch. Deutschsprachige Führungen für Gruppen kann man über die Touristeninformation VVV Utrecht anfragen.

Reguläre Führungen gibt es von 1. April bis zum 30. September. Eine Anmeldung ist dafür nicht notwendig. Einfach zur Anfangszeit am Eingangstor warten, ihr werdet dann abgeholt.

 

Führungen für Erwachsene und Kinder ab 10 Jahren (Dauer 2 – 2,5 Stunden):

  • Mittwoch 10.30 Uhr, Samstag und Sonntag 13.30 Uhr
  • Pro Person 8,50 Euro

Kürzere Führungen, auch für Familien (Dauer 1,5 Stunden):

  • Sonntag 10.30 Uhr
  • Erwachsene und Jugendliche 6,- Euro, Kinder bis 12 Jahren 3,- Euro

 

Viele allgemeine Reiseinfos zu Utrecht findet ihr auf unserer Utrecht-Seite. Meine Tipps und Empfehlungen zu Hotels und B&B’s findet ihr hier.

 fort vechten utrecht waterliniemuseumEingang zum Waterliniemuseum im Fort Vechten

Hinweis: Unsere Radtour zu den Forts war Teil einer Recherchereise, die von Utrecht Marketing organisiert wurde. Ein herzliches Dankeschön an alle Beteiligten!

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