Ziemlich genau 100 Jahre ist es her, dass Kaiser Wilhelm II. ins Schloss Amerongen kam. Der 1. Weltkrieg war verloren und der letzte deutsche Kaiser notgedrungen auf dem Weg ins Exil. Zu diesem Zeitpunkt ahnte vermutlich weder er noch ein anderer, dass er den Rest seines Lebens in der Region Utrecht verbringen würde.

Schlecht hat er es wahrlich nicht getroffen, denke ich, während ich durch die bunt gefärbten Wälder auf dem Utrechter Hügelrücken radele. Die Reichen des Landes haben nicht umsonst schon seit Jahrhunderten ihre Landgüter und Sommersitze in diesen Teil der Niederlande gebaut.

Die Gegend rund um Utrecht hat dem Kaiser vermutlich auch gut gefallen. Nur, dass er kein Kaiser mehr sein und Deutschland nie mehr betreten durfte, wohl eher nicht.

Schlösser in der Region Utrecht

Historische Schlösser 

Nicht in allen Schlössern und Landgütern, die wir auf unserer Tour besuchen, war der Kaiser zu Gast. Im Schloss Zeist, die erste Station auf unserer Radtour, war er zumindest meines Wissens nicht. Ein gewisser Willem Adriaan van Nassau baute das Schloss als Landsitz im 17. Jahrhundert. Wie an seinem Namen schon erkennbar, ein mehr oder weniger mit der Familie Oranje-Nassau, dem heutigen Königshaus, verbandelter Adliger.

Als Lebemann, der auch gerne ein kleines oder größeres Vermögen verspielte, sparte er auch beim Bau seines Schlosses keineswegs. Selbst ein Spiegelsaal nach dem Vorbild von Versailles, wenn auch bedeutend kleiner, ist dort zu entdecken. Gefeiert wird dort auch heute noch. Denn, wie viele Schlösser in den Niederlanden inzwischen, wird auch Schloss Zeist hauptsächlich für Events und Festlichkeiten vermietet und genutzt.

 

Ein historisches Schloss zu unterhalten kostet sehr viel Geld, das weiß man auch im Kasteel Sterkenburg. Obwohl das Haus in Privatbesitz ist und von einer Familie bewohnt wird, können auch hier diverse Räumlichkeiten gebucht werden. Und, was dieses Schloss so besonders macht, in Form eines Bed and Breakfast werden hier Zimmer auch an einzelne Gäste vermietet.

Besondere Zimmer, die alle ihren eigenen Charakter haben, und das auf einem wunderschönen Landgut im Grünen. Zum Entspannen und Abschalten stelle ich mir einige Nächte hier wunderbar vor. So ein Turmzimmer mit Badewanne ist schon etwas Besonderes und im Schloss gibt es so viel Schönes zu entdecken, man wähnt sich regelrecht im Museum.

Museum ist jetzt das richtige Stichwort, denn unser nächstes Ziel ist ein solches. Es geht in Richtung Huis Doorn.

utrecht region schloss zeistSchon die Auffahrt zum Schloss Zeist ist beeindruckend

utrecht region schloss zeist innenräume... und auch im Inneren geht es gerade so weiter

utrecht region spiegelsaal zeistIm Spiegelsaal hat schon so mancher sein Ja-Wort gegeben

utrecht region schloss sterkenburgDer runde Turm ist der älteste Teil von Schloss Sterkenburg

utrecht region park sterkenburgAuch auf romantische Plätzchen im Park muss man nicht verzichten

Kaiserliches Exil in Huis Doorn

Der Himmel zeigt sich inzwischen auch etwas freundlicher und so sind die rund fünf Kilometer Radweg bis dorthin beinahe zu kurz. Aber in Huis Doorn gibt es so viel zu sehen, da müssen wir schon etwas Zeit mitbringen. Auch wenn sich Huis, also Haus, recht bescheiden anhört, ist es dennoch ein Schloss auf einem Landgut mit Tor-Portalen, einem Kutschhaus, einer Orangerie und einem großen Park. Was das Schloss, vor allem für uns Deutsche, so besonders macht – hier lebte Kaiser Wilhelm II. über 20 Jahre lang bis zu seinem Tod.

Obwohl, Kaiser war er bei seinem Einzug 1920 schon nicht mehr. Aber er hoffte sein Leben lang, dass er es wieder werden würde. Eigentlich sogar bis über seinen Tod hinaus. In seinem Testament verfügte er, dass sein Leichnam nur als Kaiser zurück nach Deutschland transportiert werden darf. Nur so viel – er liegt heute noch in dem kleinen Mausoleum hinter Huis Doorn.

Gekauft hat Wilhelm II. die ehemalige Wasserburg im Jahr 1919, nachdem er einsehen musste, dass sein Exil wohl länger dauern würde. Die Gastfreundschaft des Hausherrn von Kasteel Amerongen war schon überstrapaziert, eine Dauerlösung musste her.

 

Das Schöne am Museum im Huis Doorn ist, dass man wirklich in die Welt des Kaisers eintaucht. In den für ihn sehr bescheidenen Ausmaßen des Schlosses hat er versucht doch etwas höfisches Leben aufrechtzuerhalten. So entdecken wir wertvolles Porzellan und antike Möbel aus seinen Potsdamer Schlössern und auch viele persönliche Gegenstände seines Familienlebens.

Natürlich fehlen auch seine heiß geliebten Uniformen nicht, die er aber in der Öffentlichkeit nicht mehr tragen durfte. Und während der fachkundigen Führung erfahren wir auch, dass er von dem Umstand, dass er um Erlaubnis bitten musste, um zu verreisen, wenig erbaut war.

Überhaupt kommt mir der letzte deutsche Kaiser hier in der Utrechter Region näher, wie er mir vom Geschichtsunterricht je war. Mit dem Ende des 1. Weltkriegs und seiner Abdankung wurde das Kapitel Kaiser zumindest in meiner Erinnerung komplett beendet.

utrecht region huis doornMit den kaiserlichen Schlössern in Deutschland ist sein Exil im Huis Doorn nicht zu vergleichen

utrecht region, speisezimmer huis doornAber auf eine glamouröse Einrichtung verzichtet Wilhelm II. natürlich nicht

utrecht region, schachspiel huis doornFeines Kunsthandwerk aus fernen Ländern inklusive

Nachhaltiges Landgut

Für heute ist unser Auffassungsvermögen ebenfalls beendet und wir wenden uns jetzt den etwas profaneren Dingen zu. Essen und Schlafen. Beides passiert ebenfalls auf einem Landgut, wenn auch nicht ganz so stilgerecht. Denn neben den historischen Gebäuden auf dem Landgut Zonheuvel gibt es ein etwas neueres Hotel- und Kongresszentrum. Aber auch hier werden wir fürstlich bewirtet und bedient. Es werden uns leckere Speisen und feiner Wein serviert und unser Bett ist für unsere wohlverdiente Nachtruhe vorbereitet.

Am nächsten Morgen, gestärkt von einem ausgiebigen Frühstück, geht es mit Itje Verhagen auf Landgut-Entdeckungstour. Sie ist die Managerin hier und sie weiß alles über die Geschichte des Anwesens und deren Bewohner.

Anders, wie bei anderen Landgütern in der Region, war der Erbauer des Maarten Maartenshuis, dem Herrenhaus hinter dem Hotel, kein Adliger, sondern ein Schriftsteller. Und noch etwas anderes ist hier außergewöhnlich. Auch wenn das Gebäude recht historisch anmutet, ist es noch gar nicht so alt. Nur etwas mehr als 100 Jahre hat es auf dem Buckel, aber Dank der Sammelleidenschaft des Hausbesitzers mit allerlei besonderen Antiquitäten und auch Kuriositäten bestückt.

Politische und gesellschaftliche Diskussionen und Bildung waren Maarten Maartens, der mit richtigem Namen Van der Poorten Schwartz hieß, zu seinen Lebzeiten sehr wichtig. Und in diesem Sinne wird das an eine Stiftung übertragene Landgut inzwischen fortgeführt. Dazu gehören Fortbildungen und Seminare im Hotel- und Kongresszentrum, der Wiederaufbau des Freilichttheaters oder ein Gartenbauprojekt. Und Nachhaltigkeit wird in allen Bereichen sehr großgeschrieben.

utrecht region, zonheuvel wildragoutDas leckere Wildragout haben wir uns wahrlich verdient

utrecht region, maarten maartens huisAllerlei Antiquitäten und Raritäten, wie dieser Beichtstuhl, hat Maarten Maartens in seinem Haus verbaut

Natur und gutes Essen

Itje macht ihre Führung so interessant, dass wir schon etwas spät dran sind, als wir endlich aufbrechen. Wir haben einige Kilometer Radtour vor uns und das durch schönste Herbstlandschaften. Eine Mischung aus Weideflächen, Wald und kleinen Dörfern, verbunden durch von mächtigen Eichen gesäumten Alleen. Dazwischen ist immer wieder ein Landgut zu entdecken, wie das prächtige Parc Broekhuizen, in dem jetzt ein schickes Boutique-Hotel untergebracht ist.

Mit etwas Verspätung treffen wir auf dem Landgut Zuylestein ein. Hier sind wir nicht für eine Führung verabredet, obwohl es einen sehr sehenswerten großen historischen Gemüsegarten geben soll, sondern zum Mittagessen. Einige Zutaten aus dem Garten landen damit zumindest auf unserem Teller. Carlos, der Koch vor Ort, hat sie für uns zu herrlichen Gerichten verarbeiten.

 

Il Sogno nennt sich das gemütliche Restaurant, das im historischen Portiershaus des Landguts untergebracht ist. Wie der Name schon erahnen lässt, isst man hier mit einem italienischen Twist. Die fröhlich lachende Sanne serviert uns einige Kostproben von der Tageskarte, die Carlos genauso gut gelaunt vor unseren Augen zubereitet. Hier wird mit Liebe gekocht und das schmeckt man bei jedem Bissen. Frische Zutaten sorgen für herrliche Gerichte mit purem Geschmack. Sehr, sehr lecker!

Mit einem gewissen Völlegefühl – ich esse nicht nur gerne, sondern den Teller auch immer leer – schwingen wir uns wieder auf unser Rad. Zum Glück sind es nur wenige Minuten bis zu unserem nächsten und letzten Ziel, denn die Führung im Kasteel Amerongen dürfen wir natürlich nicht verpassen.

utrecht region, il sogno zuylensteinKlein, aber fein in historischem Gemäuer

utrecht region, essen zuylensteinSchon das Häppchen zu Beginn ist ein Fest fürs Auge und für den Gaumen

Uniformen und umgesägte Bäume

Damit sind wir wieder zurück bei Kaiser Wilhelm II und seiner ersten Anlaufstelle in den Niederlanden. Angekommen im Schloss Amerongen, wo er die ersten eineinhalb Jahre seines Exils verbrachte.

So ganz einfach war es wohl nicht mit einem so hohen Gast, der so seine Eigenheiten hatte. Sein Faible für Uniformen war da wohl noch am Einfachsten zu ertragen, seine Vorliebe für stundenlange Monologe vermutlich ermüdender. Am Kuriosesten war sicherlich seine große Freude am Umsägen von Bäumen. Natürlich begleitet von einigen helfenden Händen und manchmal sogar seiner Frau. Jeden Morgen von 10 bis 13 Uhr machte er sich ans Werk und in seiner Zeit in Amerongen vielen dem Kaiser Tausende! Bäume zum Opfer. 

Aber keine Sorge, es gibt in der Utrechter Region noch genug Bäume, die der kaiserlichen Säge entkamen. Auf dem Weg zurück radeln wir über zwei Stunden lang weitestgehend durch Wald. Übrigens gut ausgeschildert, angenehm ruhig und in wunderbar herbstlichen Farben. Also nehmt das Fahrrad auf eurer Schlösser-Tour, es lohnt sich.

utrecht region, kasteel amerongenUrsprünglich wurde das Schloss Amerongen als Wasserschloss gebaut

utrecht region, abdankung kaiser kasteel amerongenAn diesem Tisch hat Kaiser Wilhelm II. seine Abdankung unterzeichnet


 

Reiseinfos

Der Utrechtse Heuvelrug (Utrechter Hügelrücken) bezeichnet die grüne und hügelige Region gleich östlich der Stadt Utrecht. In dieser Region gibt es zahlreiche Schlösser und Landsitze, auf einigen kann man auch stilvoll übernachten und lecker essen. Nur einige davon haben wir besucht und hier aufgelistet.

Weitere Infos zu den Möglichkeiten, Hotspots und Veranstaltungen findet ihr auf der deutschsprachigen Website Utrecht Region.

 

Schlösser, die besichtigt werden können  

Slot Zeist

Zinzendorflaan 1, Zeist
Das Schloss ist nur im Rahmen einer Führung zugänglich. Reguläre Führungen, die von der Gilde Zeist durchgeführt werden, finden immer am Samstag oder Sonntag statt. Kosten 2,50 Euro pro Person. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, die aktuellen Termine und Zeiten findet ihr hier. Für Gruppen können auch extra Führungen zu anderen Zeiten auf Deutsch organisiert werden.

Im Schloss gibt es auch eine Brasserie für kleine Mahlzeiten, Kuchen und Getränke. Geöffnet Dienstag bis Sonntag 11 - 17 Uhr.

 

Huis Doorn

Langbroekerweg 10, Doorn
Das Gelände und der Park sind täglich frei zugänglich. Das Schloss selbst kann nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Mehrmals in der Stunde finden Führungen statt, um 13.30 Uhr wird eine deutsche Führung angeboten.

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 13 - 17 Uhr (die Kasse schließt um 16 Uhr)
Eintritt inkl. Führung: Erwachsene € 12,-, Kinder (7 - 18 Jahre) € 6,-, Kinder unter 7 Jahren gratis

 

Kasteel Amerongen

Drostestraat 20, Amerongen
Auch hier kann das Schloss nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Im Normalfall startet eine niederländische Führung immer zur vollen Stunde, ein Begleittext auf Deutsch ist vorhanden. Für Gruppen sind auf Anfrage auch deutschsprachige Führungen möglich. 
Öffnungszeiten: Im Sommer (April - Oktober) Dienstag bis Sonntag 11 - 17 Uhr;  im Winter (November - März) Donnerstag bis Sonntag 11.30 - 16 Uhr
Eintritt inkl. Führung: Erwachsene € 12,-, Kinder (5 - 18 Jahre) € 6,-, Kinder unter 5 Jahren gratis

utrecht region zimmer sterkenburgIm Schloss Sterkenburg übernachtet man in historischem Ambiente, aber mit modernem Komfort

Schlösser zum Übernachten bzw. Essen

Landgoed Zonheuvel

Amersfoortseweg 98, Doorn
Gut erreichbares 3-Sterne-Hotel im Grünen, in dem wir selbst übernachtet haben. Die normalen Doppelzimmer sind etwas klein, aber ausreichend und das Essen im Restaurant schmeckt. Es gibt auch eine Sauna und ein Dampfbad im Hotel, beides haben wir aber nicht gesehen und genutzt. Auch Leih-Fahrräder und Kartenmaterial sind vorhanden.
Weiter Infos und Preise zu den Zimmern findet ihr auch über booking.com, buchen könnt ihr dort natürlich auch.

 

Kasteel Sterkenburg

Langbroekerdijk 10, Driebergen-Rijsenburg
Das Landgut und das Schloss befinden sich in Privatbesitz, jedoch ist dort auch ein Bed & Breakfast eingerichtet. Im Schloss und dem Kutschhaus können mehrere Zimmer angemietet werden, einige Gemeinschaftsräume im Schloss können dabei ebenfalls genutzt werden. 
Weiter Infos und Preise zu den Zimmern findet ihr auch über booking.com, wo ihr auch direkt buchen könnt.

 

Parc Broekhuizen

Broekhuizerlaan 2, Leersum
Nobles 5-Sterne-Schlosshotel im Boutique-Stil in toller Lage. Wir haben es nur von Außen bewundert, aber die Fotos vom Inneren auf booking.com sehen vielversprechend aus. 

 

Landgut Zuylestein

Rijksstraatweg 7-9, Leersum
Auf Anfrage sind hier für Gruppen Führungen möglich. Der große Gemüse- und Obstgarten aus dem 17. Jahrhundert kann freitags von 10 bis 16 Uhr besichtigt werden. Eintritt 3,- Euro. 

Hier solltet ihr auf alle Fälle im Restaurant il Sogno einkehren. Italienische Köstlichkeiten mit Können und Liebe gekocht! Auch leckeren Kuchen haben sie dort. Geöffnet Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 21.30 Uhr.

 

Radtour

Alle Schlösser können auch ganz einfach mit dem Auto erreicht werden, auch Parkplätze sind kein Problem. Viel schöner ist es aber natürlich mit dem Fahrrad.

Leihfahrräder bekommt man z.B. beim Hotel. Wer ungeübt ist, sollte sich ein E-Bike reservieren, denn es gibt hier tatsächlich einige Steigungen. Das hält sich aber in Grenzen und man radelt nur zwischen 30 und 35 Kilometer am Tag in mehreren Etappen, also keine Sorge. 
Die Route ist dank des Knotenpunktsystems sehr einfach zu finden, wer das System noch nicht kennt, findet hier einige allgemeinen Infos dazu. 

Die von uns geradelte Route habe ich auf route.nl veröffentlicht, die Route von Tag 1 findet ihr hier und von Tag 2 hier. Viel Spaß beim Radeln!

utrecht region, radtour im herbstDie schönsten Ausblicke findet man beim Radel durch die Region Utrecht

 

Hinweis: Zu unserer Radtour entlang der Schlösser auf dem Utrechtse Heuvelrug wurden wir von 'Utrecht Region' eingeladen. Ein herzliches Dankeschön an alle Beteiligten!

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