Stürmisch bläst uns der Wind ins Gesicht. Das Meer ist aufgewühlt, weiße Schaumkronen spülen mit jeder Welle an den Strand.
Wir sind dennoch nicht die Einzigen, die heute am Strand unterwegs sind. Mit Mützen auf dem Kopf oder fest verschnürten Kapuzen trotzen die Spaziergänger Windstärke 6 und genießen Strand und Meer an diesem Herbsttag.
Eine Kirche am Strand
Der Strandort Katwijk aan Zee ist etwas anders als seine Nachbarn Noordwijk und Scheveningen. Am Strandboulevard findet man keine großen Hotels, kein Haus hat mehr als vier Stockwerke. Nur der Turm der Andreaskirche ragt über die Dächer der Häuser, die in der ersten Reihe an der Küste liegen.
Dass die Kirche direkt am Strand steht, war nicht immer so, erfahren wir von Marian Krijgsman. Sie zeigt uns nicht nur einige Besonderheiten ihres Heimatorts Katwijk, sie weiß auch einiges über dessen Geschichte.
Früher stand die Kirche, die bereits rund 1460 gebaut wurde, mitten im Dorf. Die Allerheiligenflut im Jahr 1570 riss die ersten Häuserreihen an der Nordsee jedoch mit sich, sodass die Kirche plötzlich direkt an der Küste stand.
Auch der erste Leuchtturm fiel dieser Flut zum Opfer und musste weiter landeinwärts neu erbaut werden. Er steht dort noch heute, auch wenn er inzwischen keine Funktion mehr hat. In den Sommermonaten erfreut er sich bei Touristen jedoch großer Beliebtheit. Gegen kleines Geld kann man ihn besteigen und die Aussicht auf Katwijk, den Strand und das Meer genießen.
Beschaulichkeit und Küstenschutz
Wer seinen Urlaub in Katwijk verbringt, schätzt das Beschauliche des Ortes. Kleine Hotels und Pensionen bieten den Touristen Unterkunft. So mancher Einwohner hat ein Bed & Breakfast im Haus oder vermietet Fremdenzimmer.
Am Strandboulevard reihen sich nicht unzählige Kneipen, Souvenirshops und Casinos aneinander. In der ersten Reihe am Meer stehen vielfach einfache Wohnhäuser aus den 50er-Jahren, die von den Katwijkern selbst bewohnt werden.
Restaurants für die Gäste gibt es dennoch genug im Ort und auch am Strand stehen einige Strand-Pavillons, die teilweise sogar das ganze Jahr über geöffnet haben. Die Strandhäuschen dagegen, die man dort für einen Urlaub mieten kann, müssen in der Wintersaison abgebaut werden. Sie sind nicht solide genug, um den Winter am Strand zu überstehen.
Im Herbst und Winter setzen Wind und Wasser dem Strand nämlich ganz schön zu. In den vergangenen Jahren musste deshalb in Sachen Küstenschutz einiges getan werden. Ein verstärkter Deich wurde notwendig und ein breiteres Dünengebiet musste zum Schutz des Ortes angelegt werden.
Auch wenn die Katwijker Neuerungen gegenüber eher sehr zurückhaltend sind, wie uns Marian verrät, haben sie letztendlich dennoch die Chance genutzt, um auch gleich das Parkproblem am Boulevard zu lösen. Mit der Küstenverstärkung wurde zugleich ein großes unterirdisches Parkhaus unter die neu angelegten Dünen gebaut, das Platz für 663 Autos bietet. Eine geniale Lösung, die so manchen Architekturpreis erhalten hat.
Bauten am Meer
Zu einem anderen architektonischen Highlight kommen wir am Ende unserer Stadtführung mit Marian. In perfekter Lage über dem Strand steht die Villa Allegonda. Ein wunderschöner Bau aus einfachen kubischen Formen in strahlendem Weiß. Nach jahrelanger Nutzung als Hotel ist die Villa jetzt in privater Hand und wieder in den Originalzustand zurückversetzt.
Die Villa stammt ursprünglich aus dem Jahr 1901, aber erst der rigorose Umbau 1917 durch den niederländischen Architekten J.J.P. Oud machte das Gebäude zu einem bekannten Beispiel des Neuen Bauens. Oud war Mitglied der Künstler- und Architektenbewegung De Stijl, der auch Theo van Doesburg und Piet Mondrian angehörten.
Direkt hinter der Villa Allegonda fließt der Rijn in die Nordsee. Auch wenn der Name den Anschein weckt ist dies nicht DER Rhein, sondern nur ein klitzekleiner Nebenarm im gesamten Geflecht der Mündungsarme des Rheins.
Dennoch markierte dieser Flusslauf um rund 100 n. Chr. die Nordgrenze des Römischen Reiches, erfahren wir kurz darauf im Museum von Katwijk. Dort gibt es Kopien der alten Karten, in denen an dieser Stelle das Kastell Brittenburg eingezeichnet ist.
Gefunden wurde davon trotz mehrfacher Suche nie etwas. Ob die Reste des Kastells in der Nordsee verschwunden sind oder als Baumaterial genutzt wurden, weiß heute keiner mehr.
Geschichte im Museum
Die jüngere Geschichte ist im Museum von Katwijk weit besser dokumentiert. Übrigens ein Museum, das mich sehr positiv überraschte. Mit dieser Vielfältigkeit, dieser Mischung aus Stadtgeschichte und einer großen Sammlung an Kunst hatte ich eigentlich nicht gerechnet. Wer nicht wie wir in den Genuss einer persönlichen Führung kommt, wird bestens mithilfe einer Audio-Tour, die auch auf Deutsch zur Verfügung steht, informiert.
Jan Messemaker führt uns durch das ehemalige Haus eines Reeders, in dem das Museum untergebracht ist. Einige Räume wurden wieder originalgetreu eingerichtet, sodass wir einen Einblick in das Leben der etwas wohlhabenderen Bevölkerungsschicht in Katwijk bekommen. Die gewöhnlichen Fischer, deren Unterkommen ebenfalls ausgestellt ist, lebten da etwas bescheidener.
Die Fischerei spielte früher und überraschenderweise auch noch heute eine große Rolle in Katwijk, erfahren wir von Jan. Überraschend deshalb, da man davon heute so wenig sieht. Denn Katwijk besitzt zwar eine Fischereiflotte, aber bis heute keinen eigenen Hafen am Meer.
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts liegen die Schiffe im Hafen von IJmuiden. Davor wurde mit offenen kleinen Segelschiffen gefischt. Die sogenannten Bomschuiten hatten einen flachen Boden und konnten somit auf dem Strand anlanden. Im Winter wurden sie mit Mannkraft, Pferden oder auch Seilwinden hoch auf den Strand gezogen und waren so vor den Winterstürmen weitgehend geschützt.
Künstlerkolonie Katwijk
Die Bomschuiten am Strand waren ein beliebtes Motiv der Maler, die sich gerne in Katwijk niederließen. Schon früh gab es eine wahre Künstlerkolonie im Ort. Der Landschaftsmaler Jan van Goyen machte bereits im 17. Jahrhundert einige Skizzen am Katwijker Strand.
Auch deutsche Künstler wie Hans von Bartels oder German Grobe zog es in den holländischen Fischerort. German Grobe kam sogar jedes Jahr nach Katwijk, um zu malen. Zahlreiche Gemälde von ihm sind im Museum zu bewundern.
Es gibt überhaupt sehr viele Bilder im Museum zu entdecken. Kunst von Blommers oder auch von Jan Toorop hängt an den Wänden. Und in einem separaten Teil des Museums werden zusätzlich Wechselausstellungen moderner Künstler gezeigt. Momentan sind hier Gemälde von Cornelis de Koning zu sehen. Er malt faszinierend realistische Ölgemälde, in denen Licht eine besondere Rolle spielt.
Am Strand
Kunst gibt es in Katwijk auch am Strand. Insgesamt 19 Skulpturen sind Teil der Beeldenroute, die meisten davon stehen entlang des Strandboulevards. Danach wollen wir gleich mal Ausschau halten, denn es wird jetzt Zeit für etwas frische Luft und einen Strandspaziergang.
Der Sturm hat sich noch nicht gelegt, aber das macht uns gar nichts aus. Das Meer ist bei dem Wind einfach herrlich wild und schön anzuschauen. Die Wolken fegen über uns hinweg in wechselnden Farbschattierungen von Grau.
Nach kurzem Regen werden wir belohnt mit einem wunderschönen Regenbogen. Sogar etwas blauer Himmel kommt zum Vorschein und ein paar Sonnenstrahlen. Lange hält das Wetter jedoch nicht. Und mit dem nächsten Wolkenbruch sagen wir dann:
"Tschüss Katwijk, bis zum nächsten Mal!"
Reiseinfos Katwijk
Katwijk ist eine Gemeinde in der Provinz Süd-Holland in der Nähe von Leiden. Die Gesamtgemeinde hat rund 65.000 Einwohner und besteht aus den Ortsteilen Katwijk aan den Rijn, Katwijk Noord, Katwijk aan Zee, Rijnsburg und Valkenburg.
Vor allem in Katwijk aan Zee gibt es eine umfangreiche touristische Infrastruktur mit vielen Übernachtungsmöglichkeiten, Restaurants und Strand-Pavillons, die auch das ganze Jahr über geöffnet haben. Auch Shoppingmöglichkeiten sind vorhanden. Jedoch sind am Sonntag die Geschäfte geschlossen.
VVV Katwijk
Kon. Wilhelminastraat 14, Katwijk aan Zee
Informationen, Rad- und Wanderkarten und Souvenirs
Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 9 – 17 Uhr
Katwijks Museum
Voorstraat 46, Katwijk aan Zee
Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 10 – 17 Uhr
Eintritt: Erwachsene € 7,50, Kinder 5 – 12 Jahre € 2,50.
Eine Audio-Tour ist im Preis inbegriffen. Führungen auch auf Deutsch, je nach Gruppengröße zwischen € 10 und € 15,-
Übernachten
Wir haben selbst nicht im Katwijk übernachtet, sondern im Van der Valk Hotel in Wassenaar, da wir in den Tagen zuvor in Wassenaar und Leiden unterwegs waren.
Viele Übernachtungsmöglichkeiten, vom Hotel bis zum Bed & Breakfast, könnt ihr auf der Seite über Katwijk bei booking.com finden.
Wenn ihr campen wollt oder in einem Bungalow oder Chalet übernachten, kann ich euch den strandnahen Molecaten Park Noordduinen empfehlen.
Hinweis: In Katwijk waren wir auf Einladung von Leiden & Partners, Citymarketing.
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