Seinen Namen kennt wohl jedes Kind. Dass er sein Ende in Maastricht fand, wissen wohl nur sehr wenige. Zugegeben mir war nicht einmal bewusst, dass es ihn tatsächlich gegeben hat, den d’Artagnan von den drei Musketieren. Aber er, wie seine drei Freunde Athos, Porthos und Aramis, kämpften tatsächlich als Musketiere für den französischen König.

Die Armee des Sonnenkönigs Ludwig XIV. konnte Maastricht im Jahr 1673 zwar einnehmen, aber sein verlässlicher Musketier d’Artagnan überlebte den Angriff nicht. Traurig waren die Niederländer darüber damals nicht, schließlich war er der Feind und noch keine Berühmtheit in der Literaturwelt. Es dauerte dann auch ganze 330 Jahre, bis er ein Standbild in Maastricht bekam.

Maastricht vom Sint-Pietersberg

Viel schneller waren die Maastrichter bei der Bekämpfung der Ursache für die zerstörerische Einnahme ihrer Stadt. Nur durch den Kanonen-Beschuss der Franzosen vom nahegelegen Sint-Pietersberg konnte das eigentlich sehr gut befestigte Maastricht erobert werden. Keine 30 Jahre später, der Französisch-Niederländische Krieg war inzwischen beendet, bauten die Niederländer selber ein Fort zur Verteidigung der Stadt auf den Hügel, um Nachahmer zu wehren.

Die Aussicht auf die Stadt ist auch heute noch perfekt, zumindest wenn das Wetter ein bisschen besser mitspielt, als bei unserem Besuch. Wir sind dann auch nicht Böse, als unser Führer Gerard Kouwenhoven uns mit ins trockene Innere des Forts St. Pieter nimmt. Mit Gaslaternen ausgestattet führt er uns in die Dunkelheit zwischen meterdicken Ziegelwänden.

maastricht fort führungGerard Kouwenhoven lässt das Leben im Fort wieder aufleben

maastricht fort gangIn den Gängen des Forts auf dem Sint-Pietersberg in Maastricht

Als romantische Burg darf man sich so ein Fort nicht vorstellen. Gewohnt hat hier eigentlich niemand, nur bei Manövern oder im Ernstfall waren Soldaten im Fort stationiert. Ohne jegliche Heizung, offenes Feuer war bei dem gelagerten Schießpulver zu gefährlich, und ohne Toiletten und Waschgelegenheit, war der Aufenthalt im Fort eher unangenehmer Art.

Ganz besonders im Jahr 1748. Bei einem erneuten Angriff auf Maastricht versuchten Franzosen das Fort in die Luft zu sprengen. Geglückt ist ihnen das nicht, denn sie kamen zwar in die unterirdischen Tunnel, die den ganzen Sint-Pietersberg bis heute durchziehen, aber sie unterschätzten nicht nur die Dicke der Gesteinsschicht, sondern waren schlichtweg auch an der falschen Stelle.

Die Wucht der Explosion machte den Angreifern zum größten Teil selbst den Garaus, aber dennoch gingen die Niederländer danach in das Tunnel-Labyrinth, um einen weiteren Versuch zu verhindern. Ganze drei Wochen kämpften sie dort im Licht von Fackeln und Karbid-Leuchten gegen französische Angreifer. Umgeben von dichtem Pulverdampf ihrer Musketen und Kanonen, der Freund und Feind kaum zu unterscheiden ermöglichte.

maastricht grotten lageplanDer Lageplan macht es deutlich: ein wahres Labyrinth an Gängen gibt es hier unter der Erde

Von den ursprünglich 200 km Tunnellänge sind heute noch 80 km zugänglich, erfahren wir im 2. Teil unserer Führung von Maastricht Underground. Die Grotten von Sint-Pietersberg sind nicht direkt mit dem Fort verbunden und können in einer separaten Tour besichtigt werden. Es sind keine natürlichen Höhlen, die sich im Kalkgestein gebildet haben. Die Tunnel und Grotten wurden alle von Menschenhand gegraben. Über Jahrhunderte wurde hier im Untergrund Mergel, ein Gestein aus Kalk und Ton, abgebaut.

Große, mannshohe Blöcke wurden in den Tunneln mühselig herausgesägt und dann mit Pferd und Wagen nach draußen transportiert. Viele Kirchen und Schlösser in Maastricht und Umgebung wurden aus Mergelblöcken gebaut, bei normalen Wohnhäusern löste der teure Stein erst nach und nach den günstigeren Lehm ab.

 

Auch heute noch sind die Spuren von den Steinsägen erkennbar, zumindest wenn unser Führer mit seiner Gaslaterne die Wände erleuchtet. Denn, wie er uns in einem Experiment beweist, es ist stockdunkel hier unter der Erde.

Vielleicht 50 m trippeln wir im Gänsemarsch, mit einer Hand an der Wand, im Dunkeln durch den Tunnel. Sofort werden meine Schritte unsicher und ein seltsam beklemmendes Gefühl beschleicht mich, denn man sieht wirklich die Hand vor Augen nicht. Wenn ich nicht die Atemzüge und das Rascheln der Jacken hören würde, könnte ich nicht glauben, dass nur eine Armlänge entfernt, jemand vor und hinter mir geht.

 

Die Warnung, man sollte immer bei der Gruppe bleiben, bekommt danach gleich ein ganz anderes Gewicht. Verloren gehen möchte ich in diesem Irrgarten aus 8000 Gängen und Tunneln ganz bestimmt nicht. Zumal man sich ohne Licht nicht einmal an den Kunstwerken, die es hier unten gibt, orientieren könnte.

Schon seit 100 Jahren haben Künstler Zeichnungen aus Holzkohle an den Wänden hinterlassen. Auch Reliefs wurden in den weichen Stein hinein gearbeitet und der ein oder andere Besucher hat sich auch mit seinem Namen an den Wänden verewigt. Die Signaturen neueren Datums werden als Vandalismus bezeichnet und sind nicht gerne gesehen. Eine Verewigung aus dem Jahre 1698, die älteste Signatur in den Grotten, wird den Besuchern dagegen mit Stolz gezeigt.

Kunst in den Grotten von MaastrichtKunst in den unterirdischen Grotten

Ältestes Signatur in den Maastrichter GrottenAuch 1698 gab es nichts Schöneres als sich zu verewigen

Auf das allererste Fossil eines Mosasaurus, das Bergleute hier im Jahre 1770 fanden, sind die Maastrichter ebenfalls mächtig stolz. Schließlich trägt die „Echse von der Maas“, den Namen des Flusses der Stadt. Auf das erste gefundene Exemplar dieses Dinosauriers müssen sie aber leider verzichten, denn es verweilt noch heute in Frankreich.

Mitgenommen haben es damals die Truppen Napoleons, 1794 wurde der gefundene Schädel des Mosasaurus als Kriegsbeute nach Paris gebracht. Die einen sagen Napoleon hat es gestohlen, die anderen sagen er hätte es rechtmäßig gekauft für 600 Flaschen erstklassigen Wein. Wie dem auch sei, zu bewundern ist das Fossil noch heute im Naturhistorischen Museum in Paris.

maastricht grotten mosasaurusSo hat er wohl ausgesehen, der Mosasaurus

 

Reiseinfos Maastricht Underground

Fort und Grotten Sint Pieter auf dem Sint Pietersberg bei Chalet Bergrust, Luikerweg 71, Maastricht

Zugang nur im Zuge einer Führung möglich. Die reguläre Führungen sind auf Englisch und Niederländisch, für Gruppen können auch deutsche Führungen reserviert werden. Im Sommer gibt es Standardführungen auf Deutsch in den Zonneberg-Grotten.

Eintritt +  Führung für Fort oder Grotten: 6,40 Euro (Erwachsene), 5,- Euro (Kinder 4-12 Jahre)
Kombiticket für beide Touren: 9,95 Euro bzw. 6,95 Euro

Die Tickets können vor Ort oder online gekauft werden.

Der Sint Pietersberg ist mit dem Auto erreichbar, ein kostenloser Parkplatz ist vorhanden.
Auch mit dem Bus kann man das Fort und die Grotten erreichen. Dazu von Maastricht mit dem Bus Nr. 4 Richtung Villapark und an der Haltestelle Mergelstraat aussteigen. Dann noch ein kleiner Spaziergang den Berg hinauf bis zum Café Chalet Bergrust, wo nebenan die Tickets verkauft werden.

 

Wer in Maastricht übernachten will, dem kann ich das Hotel Crowne Plaza Maastricht* empfehlen. Meinen Bericht zum Hotel findet ihr in der Rubrik 'Geprüft und Getestet'.

maastricht grotten kunstHolzkohle Zeichnungen an den Tunnelwänden

maastricht grotten kunstLeuchtende Augen in dunklen Gängen

maastricht fort brunnenEin Blick in den tiefen Brunnen im Fort Sint Pieter

maastricht fort kanoneMit schweren Kanonen wurde der Feind in Schach gehalten

maastricht fort sint pieterDas Fort Sint Pieter über der Stadt Maastricht

maastricht pietersberg aussichtAussicht vom Sint Pietersberg auf Maastricht

 

Ähnliche Artikel gibt es in der Kategorie Orte und Events

Kommentare powered by CComment

Diese Seite von Nach-Holland.de weiterempfehlen und teilen

Teile auf WhatsApp Teile per E-Mail Teile auf Pinterest linkedin Teile auf twitter teile auf facebook