Es ist Markt in der Stadt. Stoffmarkt, um genau zu sein. Auf dem großen Marktplatz herrscht reges Treiben an diesem Samstagvormittag. Und auch die Tische der Cafés und Restaurants ringsum füllen sich nach und nach mit Einheimischen und Touristen. Vor den historischen Fassaden sitzt man gut, um einen Kaffee zu genießen. Und wer will an so einem sonnigen Spätsommertag schon drinnen sitzen?
Wir natürlich auch nicht. Gut, dass wir eine Verabredung mit Marike Aertssen haben. Sie will uns nämlich die etwas andere Seite der Stadt zeigen. Passend zum Wetter geht es an den Strand an der Binnenschelde, natürlich mit Besuch einer Strandbar inklusive.
Am Wasser
Salzig ist das Wasser nicht mehr, dass an den Strand von Bergen op Zoom spült. Früher war die Stadt an der Grenze zwischen den Provinzen Brabant und Zeeland ein Küstenort an der Oosterschelde. Die Deltawerke, die das Hinterland vor einer Sturmflut schützen und das Anlegen des Schelde-Rhein-Kanals trennen die Stadt inzwischen vom Meer.
Einige Seen, die bei entsprechendem Wind gerne zum Surfen genutzt werden, sind übrig geblieben. Statt eines Fischereihafens lockt jetzt ein Boulevard mit schönen Strandrestaurants und einer Eisdiele Einheimische und Besucher ans Wasser.
Wir lassen es uns nicht nehmen und radeln erst einmal eine Runde um die Binnenschelde, bevor wir uns auf der Terras aan `t Water niederlassen. Bei strahlendem Sonnenschein, Salsa-Klängen und Ausblick auf den See ist da die Urlaubsstimmung nicht weit. Dass das Essen auch noch üppig und sehr lecker ist, tut sein Übriges dazu.
Handelsstadt Bergen op Zoom
Frisch gestärkt geht es zurück in die Innenstadt. Die Stadt Bergen op Zoom hat eine sehenswerte Altstadt voller denkmalgeschützter Häuser und einige davon will uns Marike zeigen.
Es ist schon einige Jahrhunderte her, dass Handelsschiffe von hier über die Schelde nach Antwerpen fuhren. Im 15. und 16. Jahrhundert kamen selbst Kaufleute aus ganz Europa nach Bergen op Zoom, um ihre Waren auf dem großen Jahrmarkt anzubieten, der zweimal im Jahr stattfand.
Als Handelsmetropole kann man die Stadt heute wahrlich nicht mehr bezeichnen, auch wenn es einige geschäftige Einkaufsstraßen gibt. Dennoch ist der Reichtum, den die Stadt dank des Handels damals erwarb, in der Altstadt noch immer zu sehen. Straßennamen, wie Rijkebuurtstraat deuten auf wohlhabende Bewohner in der Vergangenheit und die reich verzierten Fassaden an manchen historischen Gebäuden sprechen Bände.
Von Bränden und Drachen
Von dem einen oder anderen großen Brand spricht Marike öfters, während sie uns durch die Altstadt führt. Glücklicherweise liegen die beiden großen Stadtbrände schon Jahrhunderte zurück. Aber vielleicht sind sie sogar ein Grund, warum es heute noch so viele gut erhaltene Baudenkmäler gibt. Nachdem die Feuersbrunst von 1397 nur zwei Häuser verschonte, war solides Mauerwerk beim Wiederaufbau die erste Wahl.
In einem der beiden Häuser, die den Brand überstanden, werden wir heute die Nacht verbringen. Schon Anfang des 15. Jahrhunderts wird das Haus mit dem schönen Namen De Draak als Stadtherberge genannt und ein Hotel ist es seither geblieben. Damit ist das Grandhotel das älteste Hotel der Niederlande, in dem man jedoch natürlich nicht auf modernen Komfort verzichten muss.
Bevor wir aber durch die Eingangstür, über die der goldene Drache wacht, zu unserem Zimmer aufbrechen, geht es erst in den Markiezenhof. Nicht ganz so alt, wie De Draak, aber für einen Superlativ reicht es dennoch. Das Baujahr von 1485 macht den Markiezenhof zum ältesten Stadtpalast der Niederlande.
Herrensitz und Kirmes
Unübersehbar liegt der Gebäudekomplex im Zentrum von Bergen op Zoom. Die Treppengiebel aus Mauerwerk und Naturstein lassen mich dabei eher an eine mittelalterliche Burg, als an einen Stadtpalast denken. Schon beim Bau legte der Bauherr Jan II. van Glymes, der Herr von Bergen, Wert darauf, dass seine Gäste beeindruckt waren und vermutlich ist ihm das sehr gut gelungen. Zumindest schafft es das Gebäude mit seinen verschiedenen Innenhöfen bei mir noch heute.
Im Innern findet man nicht nur die Touristeninformation und ein nettes Café, sondern auch ein Museum. Einige restaurierte und eingerichtete Zimmer geben Einblicke in das höfische Leben, das hier einst stattfand. In anderen Räumen erfährt man viel über die Geschichte von Bergen op Zoom und das Leben in der Stadt.
Mein persönliches Highlight befindet sich ganz oben unter dem Dach. Hier geht es hinein in die Welt des Jahrmarkts, wie er früher in der Stadt stattfand. Ein Kuriositätenkabinett mit dubiosen Instrumenten und in Alkohol eingelegten Tierpräparaten. Zerrspiegel, die mich klein und dick oder auch superschlank und hochgewachsen erscheinen lassen. Und ein ganzer Raum voller sich drehender Karusselle in Kleinformat. Kirmes-Nostalgie in Reinform.
Seafood & more
Im großen Innenhof des Markiezenhofs geht es heute weniger nostalgisch, sondern sehr kulinarisch zu. Dieses Wochenende ist ganz den Köstlichkeiten aus der nahen Osterschelde gewidmet. Seafood ist das Thema der kleineren 2. Version von Foodfestival Proefmei. Wie der Name des Festivals bereits vermuten lässt, findet das Hauptevent im Mai statt. Und dann werden hier die drei wichtigsten A‘s der Region probiert – Anjovis, Asperge en Aardbeien. Und ja, es stimmt tatsächlich, nicht nur der Spargel und die Erdbeeren wachsen hier vor Ort, auch die Anchovis werden bei Bergen op Zoom in der Oosterschelde gefangen.
Für die kleinen Fische ist jetzt nicht die richtige Zeit, deshalb werden wir beim heutigen Proefmei Celebates Seafood mit Austern, Muscheln und anderen Meeresbewohnern verwöhnt. Restaurants aus Bergen op Zoom und der direkten Umgebung zeigen ihr Können und verwöhnen uns mit kleinen und feinen Gerichten. Eine herzhafte Fischsuppe, frische Miesmuscheln oder Ceviche aus Scheidenmuscheln werden an den verschiedenen Ständen angeboten.
Mein persönliches Highlight ist ein mit fein geschnittenem Tintenfisch und Garnelen gefüllter Ravioli in einer Soße aus Zwiebeln, Ingwer und Zitronengras. Ein Gedicht von einem Gericht, in das ich mich wahrlich hineinlegen könnte. Auch die anderen beiden Gerichte am Stand von Mijn Keuken mit als Basis zum einen Makrele zum anderen Seebarsch, beides gefangen in der Oosterschelde, überzeugen mich komplett. Dass das Restaurant mit einem Michelin-Stern prämiert ist, erfahre ich erst später, aber überrascht mich keineswegs.
Ein sehr ansprechendes Musikprogramm begleitet unsere Schlemmerei und natürlich ist auch für Nachtisch und eine gute Getränkeauswahl gesorgt. Wir beschließen den Abend mit einem hervorragenden Gin Tonic, den uns der Barkeeper von Gastrobar De Moor kredenzt. Übrigens, auch die angebotenen Gins stammen alle aus der Region.
Festungsstadt Bergen op Zoom
Bei De Moor können sie nicht nur Gin-Tonics mixen, sondern auch sehr lecker kochen. Bei unserer Einkehr dort am nächsten Tag werden uns herrlich gebratenes Rindersteak und ein feiner Burger serviert, die beide hervorragend munden.
Denn, wie ihr vielleicht schon vermutet, ein Tag in Brabant ist natürlich nicht genug. Nach einer geruhsamen Nacht in einem sehr schönen Zimmer im Grandhotel De Draak mit Aussicht auf den Marktplatz, erkunden wir noch die sehenswerte Umgebung von Bergen op Zoom mit dem Fahrrad.
Einen wichtigen und interessanten Aspekt der Stadt und auch der Umgebung habe ich nämlich noch gar nicht erwähnt. Bergen op Zoom war auch Festungsstadt und Teil der West Brabantse Waterlinie. Anfang des 17. Jahrhunderts wurde diese Verteidigungslinie mit mehreren Forts gebaut, um Zeeland und die Wasserwege nach Holland vor den Feinden aus dem Süden zu schützen.
Wenn man beim Spaziergang durch Bergen op Zoom etwas genauer hinsieht, kann man Teile der Festung durchaus noch erkennen. Das einzig erhaltene Stadttor, das lange Zeit auch als Gefängnis diente, ist unübersehbar. Aber auch einige Teile der Verteidigungswälle in der Stadt und auch an der Binnenschelde wurden bereits wieder freigelegt, restauriert und somit erlebbar gemacht.
Moses-Brücke und Pompejus-Turm
Im Umkreis von einigen Kilometern um die Stadt gibt es noch einige Forts. Wir haben uns das Fort de Roovere für unsere Radtour ausgesucht. Denn dort gibt es nicht nur die Verteidigungswälle zu entdecken, sondern auch zwei bauliche Highlights, die ich schon lange sehen wollte.
Die Mosesbrücke gibt es schon seit einigen Jahren. Was der Brücke ihren Namen gab und sie so besonders macht, ist, dass man beim Überqueren nicht über das Wasser geht, sondern hindurch. Die Oberkante der Brüstung liegt nämlich auf Wasserniveau und das erlaubt eine komplett andere und äußerst spannende Perspektive.
Aber nicht nur sozusagen aus dem Wassergraben kann man das Fort erleben, ein neu gebauter Aussichtsturm bietet auch die Sicht von oben. Und was für ein Turm. Seinen Namen verdankt er Pompejus van Roovere, dem Erbauer des Forts, seine besondere Form dem städtischen Büro Ro & Ad Architecten. Es macht Spaß die kühne Konstruktion des Pompejus-Toren zu besteigen und von den verschiedenen Etagen erhält man unterschiedliche Ausblicke auf das Fort. Der Turm ist ein wahres Kunstwerk an sich. Sozusagen eine Skulptur in der Landschaft, eine weithin sichtbare Landmarke in der Umgebung.
Die Landschaft drum herum lohnt auf alle Fälle eine Wanderung oder eine Radtour. Ihr könnt direkt vom großen Parkplatz hier starten oder eben wie wir direkt von Bergen op Zoom.
Wir radeln durch die herbstlich gefärbte Natur und bei schönstem Sonnenschein wieder zurück und beschließen unser kulinarisches Wochenende mit herzhafter Küche in der Gastrobar De Moor direkt am Marktplatz. Aber das wisst ihr ja bereits.
Reiseinfos zu Bergen op Zoom
Bergen op Zoom ist sehr gut mit der Bahn oder dem Auto erreichbar. Vom Bahnhof kommt man in wenigen Minuten zu Fuß ins Zentrum der Stadt. Im Zentrum gibt es auch mehrere Parkhäuser, die max. € 10,- am Tag kosten. Etwas günstiger ist der P+R Parkplatz am Bahnhof.
Het Markiezenhof
Steenbergse Straat 8, Bergen op Zoom
Touristeninformation und sehr sehenswertes Museum. Geöffnet Dienstag bis Sonntag von 11 - 17 Uhr, Eintritt 6,50 Euro. Das Erdgeschoss ist gratis zugänglich.
Fort De Roovere
Etwas außerhalb gelegen bei Halsteren.
Das Fort, die Mosesbrücke und der Aussichtsturm Pompejus sind gratis zugänglich. Parkplätze sind vorhanden. Es gibt dort auch ein kleines Café.
Nachfolgend die Adressen des Hotels und der Restaurants, wo wir waren und die ich alle sehr empfehlen kann. Natürlich gibt es aber noch mehr Auswahl in Bergen op Zoom.
Grand Hotel De Draak
Grote Markt 36, Bergen op Zoom
Sehr zentral am Grote Markt gelegenes Familienhotel. Historisches Gebäude mit schön eingerichteten Zimmern, die alle etwas unterschiedlich sind. Kostenloses WLAN überall und einen neuen Wellnessbereich, der den Fotos nach zu urteilen sehr schön ist. Leider hatte ich keine Zeit ihn auch zu testen. Buchbar auch über booking.com.
Gastrobar de Moor
Grote Markt 29, Bergen op Zoom
Nettes und modernes Restaurant mit großer Terrasse am Markt und einem kleinen Innenhof. Leckeres Essen und auch reichhaltige Getränkekarte.
Terras aan 't water
De Boulevard 65, Bergen op Zoom
Schönes Strandrestaurant mit Terrasse direkt am Strand mit Aussicht aufs Wasser. Große Portionen und leckeres Essen.
Mijn Keuken
Markt 1, Wouw
Das Restaurant liegt nicht direkt in Bergen op Zoom, sondern einige Kilometer Richtung Roosendaal. Wir waren nicht im Restaurant selbst, aber haben einige leckeren Gerichte beim Foodfestival Proefmei probiert. Wer gehobenere Küche liebt, ist hier richtig.
Proefmei
Das Foodfestival Proofmei Celebates Food in Bergen op Zoom findet auch wieder im nächsten Jahr statt. Also unbedingt den Termin merken: 24. - 26. Mai 2019.
Hinweis: Unser Wochenende in Bergen op Zoom wurde unterstützt von Visit Brabant. Herzlichen Dank für die Einladung.
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