[Anzeige] Der Wind raschelt durch Blätter und hohes Gras, ein Vogel zwitschert mehr oder weniger melodiös aus dem Grün am Wegesrand. Viel mehr ist nicht zu hören. Die Straße ist weit genug entfernt, sodass kein Motorenlärm die angenehme Stille stört.
Einige Radler und Wanderer kreuzen unseren Weg. Für einen Sonntagvormittag in dieser wunderschönen Gegend aber eigentlich überraschend wenig. Ob es am bedeckten Himmel liegt oder daran, dass viele erst einmal lange ausschlafen - wer weiß?! Wir genießen die entspannte Atmosphäre auf alle Fälle in vollen Zügen.
Radeln im Polder
Wir radeln durch den Noordwaard Polder, einem Teil des Nationalparks De Biesbosch, der in der Provinz Noord-Brabant liegt. Der Polder ist nicht nur Naturgebiet, sondern auch ein riesiges Wasserauffangbecken. Bei sehr hohem Pegelstand des angrenzenden Flusses Merwede wird der gesamte Polder unter Wasser gesetzt und verhindert somit Hochwasser in den angrenzenden Ortschaften.
Heute ist von Hochwasser jedoch keine Rede. Der Polder ist saftig grün und bietet reichlich Futter für die Tiere, die fürs Kurzhalten des Grases zuständig sind. Schottische Hochlandrinder weiden hier und auch eine Herde Wasserbüffel, die wir aber leider nur von Weitem sehen können.
Etwas mehr Glück haben wir bei den Konik-Pferden. Eine ganze Herde entdecken wir nicht so weit von uns entfernt. Und scheinbar gilt auch bei Pferden – das Gras in Nachbars Garten ist immer grüner. Denn kaum ist das erste Pferd durch den Wasserlauf geschwommen, um auf der anderen Seite zu fressen, kommen alle anderen hinterher.
Letztendlich reißen wir uns los von dem schönen Anblick und radeln weiter im Zickzack durch den Polder. Die Wasserläufe werden breiter und sowohl auf dem Wasser als auch auf den Wegen sind inzwischen mehr Leute unterwegs.
Vor uns taucht das Biesbosch Museumseiland auf, wo es gleich etwas lebhafter zugeht. Hier gibt es nicht nur einen Parkplatz, auch die Fahrten mit dem Ausflugsboot starten hier. Und, wie der Namen vermuten lässt, gibt es auch ein sehenswertes Museum, in dem man viel über den Biesbosch erfährt.
Wir haben uns das Museum schon vor einiger Zeit mal angesehen. Aber ein kurzer Stopp, um einen Blick auf die tolle Architektur zu werfen, muss dennoch sein. Für einen kleinen Happen zu Mittag könnten wir hier auch gleich bleiben, die Cafeteria mit großer Terrasse hat eine Auswahl an belegten Brötchen, Suppen und auch Kuchen. Wir haben aber noch etwas vor und verschieben die Pause auf unseren nächsten Halt.
Mit dem Kanu im Biesbosch
Es ist nicht mehr weit bis zum Jachthafen van Oversteeg und hier wartet, ihr ahnt es schon, ein Boot auf uns. Ein Kanu, um genau zu sein. Denn heute Nachmittag steht Paddeln auf dem Programm. Etwas, dass man im Nationalpark De Biesbosch auf alle Fälle machen sollte. Die bekanntesten Bewohner des Biesboschs, die Biber, werden wir am Nachmittag wohl nicht zu Gesicht bekommen. Dafür muss man sich schon sehr früh oder auch später am Abend aufs Wasser begeben.
Aber auch ohne die Aussicht auf Biber ist meine Vorfreude groß und nach einer sehr leckeren Stärkung im Café des Jachthafens geht es auch schon los. Auf einer Karte, die wir dort bekommen, sind mehrere Routen eingezeichnet. Vorab werden sie uns noch etwas genauer erklärt und vor allem auch, welche Route wir bis zum Ende des Nachmittags schaffen können. Möglichkeiten zum Paddeln gibt es genug, da könnten wir auch mehrere Tage unterwegs sein.
Dass ich für eine Mehrtagestour noch etwas Training brauche, wird mir schon nach zehn Minuten paddeln klar. Arm-Muskeln bilden sich beim Arbeiten am Computer definitiv nicht. Aber riesigen Spaß macht es dennoch.
Und die Umgebung ist einfach traumhaft schön. Üppiges Grün mit dazwischen kräftigem Gelb und Pink wuchert am Ufer. An seichten Stellen stehen Graureiher im Wasser und hoffen auf einen guten Fang. Sogar die Wolken haben sich zum größten Teil verzogen. Die Sonne strahlt vom Himmel und die weißen Schäfchenwolken spiegeln sich wunderschön im Wasser. Ich bin begeistert und kann gar nicht genug bekommen.
Natürlich paddeln wir zu weit. Natürlich paddeln wir zu lange. Und natürlich kommen wie eine Stunde später zurück, als ursprünglich geplant. Nicht weiter tragisch, aber das Frischmachen und Umziehen vor dem Abendessen entfällt und wir radeln mit etwas erhöhtem Tempo Richtung Restaurant.
Essen & Schlafen im Fort
Beinahe pünktlich kommen wir dort an und können an dem von uns reservierten Tisch Platz nehmen. Bei einem kühlen Getränk schauen wir uns erst einmal um und genießen das tolle Ambiente. Wir haben uns nämlich ein Fort fürs Diner ausgesucht und sitzen jetzt gemütlich unter hohen Bäumen in der Abendsonne vor der Brasserie im Fort Altena. Sogar Live-Musik gibt es heute und der sehr talentierte Sänger gibt Hits von André Hazes bis Frank Sinatra zum Besten.
Wir genießen herrlichen Lachs aus dem Smoker, ein leckeres Steak und ein riesiges Schnitzel und trinken dazu köstlichen Wein. Der Schoko-Moment zum Nachtisch erweist sich eher als Schoko-Bombe und wird uns noch lange positiv im Gedächtnis bleiben. Es sind nur wenige Kilometer bis zu unserem Nachtquartier, aber die Bewegung tut uns nach diesem üppigen Mahl ganz gut.
Auch für die Nacht haben wir uns ein Fort ausgesucht. Gebaut wurden sie alle Anfang /Mitte des 19. Jahrhunderts als Teil der Nieuwe Waterlinie. Bei Utrecht gibt es auch einige Forts, die zu dieser Verteidigungslinie gehören und die wir uns bei einer Radtour vor drei Jahren angeschaut haben.
Sechs Zimmer gibt es im Bed & Breakfast Fort Bakkerskil. Wir dürfen die Nacht in der Remise verbringen, wo uns ein Wohnraum mit schöner Aussicht im 1. Stock und ein Schlafraum im Erdgeschoss zur Verfügung stehen. Früher wurden hier die Kanonen und die dazugehörigen Kanonenkugeln gelagert, heute schlafen wir hier hervorragend in wunderbarer Stille.
Festungsstadt Woudrichem
Wir sind dann auch gut ausgeschlafen am nächsten Morgen und nach einem ausgiebigen Frühstück machen wir uns mit dem Fahrrad auf zu unserem nächsten Ziel. Wir sind mit Henk Hartman verabredet, seines Zeichens Stadtführer im Festungsstädtchen Woudrichem.
Auch Woudrichem wurde im 19. Jahrhundert Teil der Nieuwe Waterlinie. Jedoch bereits im 9. Jahrhundert wurde der Ort als Marktplatz erwähnt und Stadtrechte bekam Woudrichem bereits 1356. Zu verdanken hat die Stadt diese Wichtigkeit ihrer besonderen Lage. Steht man auf der historischen Stadtmauer am Flussufer, hat man nicht nur Aussicht auf die Vereinigung der Flüsse Maas und Waal, man hat hier auch gleich drei niederländische Provinzen im Blick. Die Stadt selbst liegt in der Provinz Noord-Brabant, am anderen Ufer blickt man auf die Provinzen Gelderland und Süd-Holland.
Die Fischerei spielte über Jahrhunderte eine große Rolle im Ort und sorgte für einen gewissen Wohlstand. Die strategische Lage machte den Ort sehr wichtig für die Verteidigung des Landes und bewirkte den Ausbau als Festungsstadt. Erst 1955 wurde dieser Status aufgehoben und wurden feste Wohnsiedlungen außerhalb der Stadtmauer erlaubt. Der Ortskern innerhalb der Mauern steht heute weitgehend unter Denkmalschutz und hübsche Ecken und historische Gebäude gibt es en masse.
Für den allerbesten Überblick kann man auch in Woudrichem hoch hinaus. Eine steinerne Wendeltreppe führt uns hinauf auf den 34 Meter hohen Turm der Sint-Martinuskerk. Von hier haben wir einen perfekten Rundum-Blick über das gesamte Festungsstädtchen und die umgebenden Orte. Heute ist die Sicht leider nicht so klar, die Hochhäuser von Utrecht und Rotterdam können wir nur erahnen.
Lunch oder Natur?
Punkt 12 Uhr, die Kirchenglocken läuten zu Mittag. Das Zeichen, dass wir uns langsam auf machen müssen Richtung Brasserie Schering & Inslag. Hier soll man nicht nur sehr lecker essen können, auch die Gartenterrasse mit Blick auf den Fluss soll sehr hübsch sein.
Eine Tisch-Reservierung war wegen Corona Pflicht, Corona sorgt dann aber auch für einen spontanen Programmwechsel. Wir stehen nämlich vor verschlossener Tür. Ein positiver Test bei einem der Mitarbeiter zwingt den Betreiber leider zu einer Zwangspause, wie er uns persönlich durch den Zaun hindurch erklärt. Sehr schade!
Da wir aber dank des reichhaltigen Frühstücks noch keinerlei Hunger verspüren, keineswegs tragisch. Wir ändern kurzerhand unsere Pläne und beschließen das noch sonnige Wetter zu nutzen und noch etwas durch die schöne Gegend zu radeln. Den Radweg am Fluss entlang möchten wir unbedingt noch erkunden.
Eine gute Entscheidung, denn eine Stunde später türmen sich schon dunkle Wolken vor uns auf. Die Farbe des Himmels nimmt nach und nach dramatische Züge an und auch der Wind wird heftiger. Bei den ersten Tropfen können wir uns unter das Dach einer Bushaltestelle retten. Ein Blick auf die Wetter-App jedoch, lässt die Hoffnung auf ein schnelles Ende des Regens verfliegen. An entspanntes Radeln und schöne Fotos ist nicht mehr zu denken. Wir entscheiden uns für die Rückkehr zum Fort Bakkerskil, wo unser Auto steht.
Somit beenden wir unseren Kurztrip durch Brabants Natur zwar etwas abrupt, aber mit vielen neuen Eindrücken. Und dass wir noch einmal zurückkommen müssen, steht damit auch schon fest.
Reiseinfos
Nationalpark De Biesbosch
Auf der deutschsprachigen Website von Visit Brabant findet ihr allerlei Infos für euren Ausflug in den Nationalpark De Biesbosch, unter anderem auch eine praktische Karte mit den Knotenpunkten für eure Radtour.
Jachthaven van Oversteeg
Spieringsluis 5, Werkendam
Hier könnt ihr Boote aller Art ausleihen. Kanus, Kajaks, Motorboote und auch Boote mit Elektromotor. Es gibt dort auch ein Café und einen kleinen Campingplatz.
Woudrichem
Führungen durch Woudrichem könnt ihr auf der Website der Stichting Stadsgidsen reservieren oder ihr könnt natürlich einfach auf eigene Faust das Festungsstädtchen erkunden. Im Sommer kann der Turm der Sint-Martinskerk am Samstag auch ohne Anmeldung bestiegen werden.
Fort Bakkerskil
Kildijk 143, Nieuwendijk
Bed & Breakfast mit 6 Zimmern (auch Familienzimmer) und Café-Terrasse. Tolles Ambiente, schöne Lage, große und sehr saubere Zimmer. Hier könnt ihr nicht nur gute E-Bikes ausleihen, ihr bekommt von den freundlichen Gastgebern auch gleich einige Routenvorschläge.
Das B&B Fort Bakkerskil kann direkt auf deren Website (nur Niederländisch) gebucht werden oder auch über booking.com.
Fort Altena
Tol 8, Werkendam
Schöne Brasserie mit mehreren Innenräumen und einer großen Terrasse. Geöffnet Mittwoch bis Sonntag, 11.30 – 21 Uhr.
Hinweis: Dieser Artikel entstand in Kooperation mit Visit Brabant.
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