Bücher, überall Bücher. Aneinandergereiht in großen und kleinen Regalen, fein säuberlich geordnet in Schränken und kleinen Vitrinen. Eigentlich nicht besonders ungewöhnlich, wenn diese nicht selbst vor den Häusern im Freien stehen würden.
Aber Bücher sind keineswegs alles, was das Städtchen zu bieten hat. Wir entdecken noch einiges mehr während unseres Aufenthalts in Bredevoort.
Geschichtsträchtiges
Auch wenn Bredevoort mit seinen rund 1500 Einwohner sehr klein ist, besitzt der Ort dennoch bereits seit 1388 Stadtrechte. Der Ursprung des Ortes liegt noch einmal 200 Jahre weiter zurück, als die Burg Bredevoort gebaut wurde. Übrigens an einer breiten Furt, was den Namen der Stadt erklärt.
Wie der Nachbarort Groenlo, wo wir uns am Tag zuvor die Schlacht von Grolle angeschaut haben, wurde auch Bredevoort im späten Mittelalter zur Festungsstadt ausgebaut. Verbessert und verstärkt wurden die Bollwerke dann im 16. Jahrhundert nebenbei bemerkt von Maarten van Rossum, dessen Namen wir erst kürzlich beim Besuch von Schloss Cannenburch begegnet sind.
Noch ein weiterer bekannter Name kreuzt unseren Weg an diesem Tag. Hendrickje Stoffels verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Bredevoort, bevor sie 1647 nach Amsterdam ging. Dort wurde sie die Haushälterin und später die Lebensgefährtin des berühmten Malers Rembrandt, der sie in zahlreichen Gemälden verewigte.
Ihr Standbild steht auf dem Platz vor dem Hotel de Heerlyckheid, wo wir die letzte Nacht verbracht haben.
Start in den Tag
Apropos Hotel. De Heerlyckheid ist ein sehr schönes Boutique-Hotel, in dem wir herrlich geschlafen haben. Das Zimmer hat dabei nicht nur ein sehr bequemes Bett zu bieten, es gibt dort auch Allerlei fürs leibliche Wohl.
Äpfel, Nüsse und Schokolade stehen für uns auf dem Tisch bereit. Wir können Kaffee und Tee zubereiten und in der Mini-Bar gibt es kostenlos verschiedene kalte Getränke. Toller Service!
Mit einem ausgiebigen Frühstück im Hotel am Morgen starten wir unseren Sightseeing-Tag in Bredevoort. Die große Auswahl am Buffet, ein frisch zubereitetes Omelette dazu zwei große Tassen allerleckerster Kaffee sind schon mal ein perfekter Beginn.
An der Rezeption versorgen wir uns noch mit einem Stadtplan, dann geht es los. Bredevoort wir kommen!
Handwerk und Gartenkunst
Gleich nebenan entdecken wir bereits etwas sehr Spannendes. Eine Goldschmiedin und ein Uhrmacher haben ihre Geschäfte nur zwei Häuser weiter. Durch die gläserne Fassade können wir nicht nur ihre Auslagen bewundern, sondern bekommen auch Einblicke in ihre Werkstätten. Wirklich faszinierend, ihnen bei ihrem Handwerk zuzuschauen.
Aber damit nicht genug. Etwas versteckt im Hinterhof gibt es außerdem einen sehr schönen Zen-Garten, der öffentlich zugänglich ist. Eine kleine Oase voller Pflanzen und hübsch eingerichteter Nischen, dazu diverse Kunstwerke.
Einige Skulpturen gibt es auch in einem Garten ganz anderer Art, den wir ein paar Straßen weiter ausfindig machen. Im Ambthof wurde ein toller Kräutergarten eingerichtet, der sich jetzt im Herbst in wunderschönen Farben zeigt. Die Kräuter in den mit Buchs umsäumten Beeten sind zwar größtenteils abgeerntet, aber dem Charme des Gartens tut dies keinen Abbruch.
Dass gerade jetzt sich kurz die Sonne zeigt, ist dann einfach genial und wir genießen die Wärme sowie das schöne Licht auf einer hölzernen Bank mitten im Garten.
Bücherstadt Bredevoort
Gegenüber, auf der anderen Straßenseite, zieht ein großes Fenster voller silbriger Vasen, Kelche und Kannen unsere Aufmerksamkeit auf sich. "Brevordia Antiek" steht auf einem großen Schild über dem Fenster, jedoch hat das Antiquitätengeschäft leider gerade geschlossen. Später entdecken wir aber noch weitere im Ort. Bredevoort hat sich nämlich nicht nur mit Antiquariaten und somit Büchern einen Namen gemacht, auch antike Möbel, Geschirr und vieles mehr sind hier zu finden.
Dass es in der Stadt Bücher an jeder Ecke gibt, ist übrigens kein Zufall. Ein kluger Plan machte den Ort 1993 zur Nationalen Bücherstadt. Wie in vielen anderen kleinen Orten auch, standen zu dieser Zeit viele Geschäfte leer. Es gab zu wenige Einwohner, die für ausreichenden Umsatz sorgten.
Ein Zeitungsartikel über eine Bücherstadt in Wales brachte die zündende Idee – das machen wir auch. Seither haben sich zahlreiche Antiquariate in der Stadt angesiedelt. Das Angebot an Second-Hand-Büchern ist riesig. Romane, Sachbücher, Kinder- und Schulbücher werden angeboten. Die Grenznähe sorgt zudem für eine große Auswahl an deutschsprachigen Büchern.
Wer etwas zu lesen sucht, wird sogar außerhalb der Öffnungszeiten fündig. Überall gibt es sogenannte Honesty-Shops. Wie der Name schon sagt, vertrauen die Verkäufer dabei auf die Ehrlichkeit ihrer Kunden. Rund um die Uhr kann man sich in den Regalen und Schränken auf offener Straße Bücher aussuchen. Das Geld, meist 2,- oder € 5,- pro Buch, wirft man einfach in die bereitstehende Kasse oder in den Briefkasten.
Wem die Auswahl immer noch nicht reicht, sollte seinen Besuch auf einen Tag mit Büchermarkt legen. Mehrmals im Jahr werden diese organisiert und dann reihen sich in den Straßen und auf den Plätzen die Stände mit Büchern aneinander. Viele Buchhändler, auch aus Deutschland, kommen dann nach Bredevoort, um ihre Restbestände zu verkaufen. Ein wahres Paradies für Bücher-Liebhaber und Schnäppchen-Jäger.
Bollwerke mit Namen
Wir schlendern noch etwas durch das Städtchen. Lassen uns durch die Gassen mit hübschen Häusern treiben. Kommen vorbei an Cafés und Kneipen, wo die Gäste auf den Terrassen dem eher wechselhaften Wetter trotzen.
Eine traditionelle Windmühle gibt es ebenfalls im Ort. Sie steht etwas erhöht und ist dadurch kaum zu übersehen. Ihren Namen "Prins van Oranje" finde ich für eine Windmühle ziemlich ungewöhnlich. Aber scheinbar war es der Prinz, der dem Ort die Erlaubnis für den Bau der Mühle gab und somit eine gute Einnahmequelle für die Stadt schuf. Da wurde die Mühle kurzerhand nach ihm benannt.
Aber nicht nur die Mühle wurde mit einem besonderen Namen bedacht. Wie wir auf einem Hinweis-Schild lesen können, steht die Mühle auf keinem gewöhnlichen Hügel, sondern auf einem Teil der historischen Festungsanlage. Diese bestand ursprünglich aus sechs Bollwerken, die ebenfalls alle Namen trugen. Welgemoed, auf Deutsch wäre das Wohlgemut, wurde das Bollwerk unter der Mühle genannt.
Vreesniet und Treurniet, übersetzt so etwas wie Fürchtenicht und Traurenicht, heißen die beiden Bollwerke, die im neu angelegten Festungspark liegen. Von den Bollwerken selbst ist nichts mehr übrig. Aber ein Pfad aus scheinbar schwebenden Betonplatten macht die Kontur wieder sichtbar und die Festung somit ein bisschen erlebbar.
Kunst im Grünen
Ganz unabhängig von der Festungslinie ist der kleine Park an der Gracht einfach wunderschön. Es macht uns viel Spaß dort herumzuspazieren. Wir schlendern entlang einiger besonderer Baum-Arten, die mit Namensschildchen gekennzeichnet sind.
Ein hübsches Teehaus taucht im Grün auf und eine kleine Lourdes-Grotte erinnert daran, dass der Park früher zu einem Sanatorium gehörte. Auch zwei Pavillons, in denen die Tuberkulose-Patienten damals viele Stunden an der frischen Luft verbringen mussten, stehen noch hier. Dazwischen gibt es immer wieder Bänke mit Blick auf den Park oder auf das Wasser der angrenzenden Gracht.
Mein persönliches Highlight im Park ist die Foto-Ausstellung, die entlang eines Weges unter den Bäumen aufgestellt ist. Zitate aus Büchern haben die Künstler zu ihren Fotos inspiriert und die Kombination von Zitat und Motiv könnte unterschiedlicher nicht sein. Pragmatisch, romantisch, traurig oder lustig – von allem ist etwas dabei. Ein wunderbares Kunst-Projekt, das einfach perfekt zur Bücherstadt Bredevoort passt. Schön!
Reiseinfos Bredevoort
Bredevoort ist eine kleine Stadt in der Achterhoek, einem Gebiet in der Provinz Gelderland. Der Ort liegt nur wenige Kilometer von der deutsch-niederländischen Grenze und der deutschen Stadt Bocholt entfernt.
Einige Informationen zu Bredevoort findet ihr auch auf der Website von Das andere Holland.
Boutique-Hotel & Brasserie De Heerlyckheid
`t Zand 23, Bredevoort
Schickes Hotel mit 21 Zimmern in einem historischen Gebäude. Wir haben dort zwar nicht zu Abend gegessen, aber das dazugehörige Restaurant wird sehr gelobt. Das Frühstück im Hotel war auf alle Fälle ausgezeichnet.
Hinweis: Bredevoort besuchten wir mit Unterstützung von Das andere Holland.
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