1859 verlor die Insel Schokland ihre Bewohner. Im Jahre 1942 dann das Wasser, das sie umgab. Mitten im Polder von Flevoland liegt sie heute, mit grüner Wiese an ihrem „Ufer“, statt mit blauem Nass.
Gerade dieser Umstand macht Schokland aber zu etwas Besonderem. Ohne diese Fakten wäre diese kleine Insel in den Niederlanden vermutlich völlig unbekannt und stände nicht auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.
Wir nehmen auf einem Anhänger hinter einem Trecker Platz und drehen eine Runde über die Insel. Cor Wisse, der uns begleitet, ist zwar schon 78 Jahre alt, aber er kennt alle Geschichten über Schokland.
Er erzählt uns vom „Schokker Dans“, diesem besonderen „Tänzchen“, das die Bewohner von Schokland machen mussten, wenn sie sich auf der Laufplanke begegneten. Eine Breite, die nur für eine Person ausreichte, machte das umfassen um die Taille mit anschließendem Platztausch notwendig, um aneinander vorbei zu kommen. Übrigens bei der örtlichen Jugend beiderlei Geschlechts eine nicht unbeliebte Freizeitbeschäftigung. Der Weg über die Laufplanke wurde öfters als nötig genommen, denn es gab keine bessere Gelegenheit dem anderen Geschlecht so nahe zu kommen.
Die Laufplanke war sozusagen die Autobahn unter den Verkehrswegen auf Schokland. Sie führte an der hölzernen Ufermauer entlang von Nord nach Süd und das in einer Höhe, dass die Füße auch trocken blieben. Das größte Problem in Schokland, das dann auch zum Aus für die Bewohner führte, war nämlich das Wasser.
Regelmäßig stand es viel zu hoch auf der Insel und Mensch und Tier standen kniehoch im Nass. So war das Fortkommen, der Gang von einem Dorf zum anderen, sehr mühselig und Tierhaltung oder sogar Getreideanbau eigentlich unmöglich. Der Fischfang konnte die Bewohner von Schokland kaum ernähren und regelmäßig herrschte großer Hunger unter der Bevölkerung.
Ohne die Almosen vom Festland konnten die Bewohner eigentlich kaum einen Winter überstehen und letztendlich führte dies dazu, dass 1859 die Schokker zwangsumgesiedelt wurden und die Insel verlassen mussten.
Der Bau des Abschlussdeiches 1927 bis 1932, der die Zuiderzee vom offenen Meer abtrennte, veränderte das Wasser rund um die Insel nach und nach von Salzwasser in Süßwasser. Am Ufer von Schokland lagen keine Seehunde mehr, um sich zu sonnen und die Schwärme von Heringen im Wasser verschwanden. Es wurde damit begonnen das Wasser innerhalb des Deiches abzupumpen und der erste Polder der späteren Provinz Flevoland, der Noordoostpolder, entstand. Die Insel Schokland war Geschichte.
Heute ist nur noch wenig übrig von Schokland. Vor allem aus der Luft kann man aber die Uferlinie, die aus den rechtwinklig angelegten Straßen und Feldern im Polder heraussticht, noch gut erkennen. Bäume entlang der ehemaligen Uferlinie wurden gepflanzt, um der Insel noch etwas mehr Kontur zu geben.
Von den zwei Dörfern Ens, bestehend aus den Teilen Middelbuurt und Zuiderbuurt, und Emmeloord sind nur ein paar wenige Häuser übrig geblieben. Die Kirche und ein paar Häuser von Middelbuurt sind noch erhalten, einige Holzhäuser wurden vor 30 Jahren nachgebaut und sind heute Teil des Museums von Schokland. Die Ortsnamen leben noch fort. So gibt es im Noordoostpolder ein neues Dorf Ens und das neue Emmeloord ist mit über 25.000 Bewohner inzwischen zum größten Ort der Gegend geworden.
Vom ursprünglichen Ens entdecken wir noch die Ruine der Kirche auf unserer Trekker-Fahrt um die Insel. Unweit des steinernen Rings, wo einst der runde Leuchtturm von Schokland stand. Dort am Ufer der Zuiderzee, an dem die großen Segelschiffe der VOC vor Jahrhunderten vorbeisegelten auf ihrem Weg nach Amsterdam.
Reiseinfos Schokland
Museum Schokland
Middelbuurt 3, Ens
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 11-17 Uhr, von November bis März nur geöffnet von Freitag bis Sonntag
Eintritt: Erwachsene 6,- Euro, Kinder (6-11 Jahre) 4,50 Euro
frei zugängliches Museumsrestaurant (etwas überteuert)
Rad- bzw. Wandertour Schokland
Länge 9,3 km; Startpunkt Parkplatz Museum Schokland am Fahrrad-Knotenpunkt Nr. 61
Knotenpunkte Route: 61 – 21 -87 – 37 – 75 – 47 – 61 oder anders herum (halbe Route direkt von 75 zu 61)
Verlängerte Radtouren von Urk oder Kraggenburg
Mietfahrräder am Museum für 7,50 Euro (evtl. vorher reservieren)
Hinweis: Schokland besuchte ich im Zuge einer Pressereise, organisiert von Toerisme Flevoland und dem Niederländischen Büro für Tourismus & Convention.
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