Kanonendonner schallt über das Schlachtfeld. Ein Heer von Lanzenträgern, Musketieren und Männern mit Schwertern stürzen sich aufeinander. Durch die Gassen der Stadt ziehen die Rauchfahnen der Lagerfeuer, die vor den Zelten und Hütten brennen.

Wir sind zurück im Jahr 1627. Dem Jahr, in dem die große Befreiungsschlacht stattfand. Drei Tage lang können wir dieses Ereignis in Groenlo hautnah miterleben.

Gerade sechs Wochen ist unser letzter Besuch in Groenlo her. Damals haben wir schon erfahren, dass das Städtchen früher Grolle genannt wurde. Außerdem hatten wir so viel über das Event „Slag om Grolle“ gehört, dass wir in diesem Jahr unbedingt dabei sein wollten.

Reenactment nennt man die authentische Inszenierung von historischen Ereignissen, lerne ich bei meiner Vorab-Recherche. Und wir sind mächtig gespannt darauf, was uns bei unserem heutigen Besuch erwartet.

Herrschaft

Etwas zum geschichtlichen Hintergrund erfahren wir im Stadtmuseum, an dem wir gleich zu Anfang vorbeikommen. Heute ist es sogar gratis zugänglich und ein kurzer Besuch lohnt auf alle Fälle.

Dass bei der Schlacht um Groenlo die Truppen der Vereinten Niederlande unter Prinz Frederik Hendrik gegen die Spanier kämpften, die die Stadt besetzt hielten, wusste ich bereits. Dass die Einwohner von der Befreiung gar nicht so begeistert waren, ist mir dagegen neu.

Eigentlich war die Bevölkerung nämlich mit der spanischen Herrschaft ganz zufrieden. Die Spanier bezahlten gut für die Waren und Dienste, die die Einwohner lieferten. Dazu waren sie katholisch, wie sie selbst auch. Die calvinistischen Niederländer waren keineswegs gut angesehen.

Ein Modell von Groenlo, wie es 1627 ausgesehen hat

Auf in den Kampf

Dass die Spanier die Schlacht und somit Groenlo letztendlich verloren, wollen wir heute mit eigenen Augen erleben. Wir machen uns deshalb auf Richtung Schlachtfeld, wo an diesem Nachmittag die Truppen aufeinandertreffen.

Es wurden bereits Schützengräben ausgehoben und die Kanonen in Stellung gebracht. Begleitet von dichten Rauchwolken werden sie mit lautem Knall in Richtung der gegnerischen Truppen abgefeuert. Nicht nur mein Trommelfell vibriert dabei, sondern gleich mein gesamter Körper.

Truppen mit Pikenieren rücken vor und Musketiere bringen sich in Stellung. Eine Gruppe Ritter auf Pferden prescht vor und versucht die Truppen zu spalten. Fahnenträger schwenken die großen Banner, Trommler und Pfeifer sorgen für den richtigen Takt.

Rund 1100 enthusiastische „Kämpfer“ haben sich auf dem Schlachtfeld eingefunden. In historischen Gewändern und mit antiken Waffen ziehen die Truppen gegeneinander. Die Niederländer unter Prinz Frederik Hendrik sind natürlich dabei und die Spanier. Aber auch Engländer, Schotten, Deutsche, Franzosen und Italiener, die für die eine oder andere Seite kämpfen.

Aus 14 verschiedenen Ländern kommen die 70 Reenactor-Gruppen heute. Das Durcheinander verschiedener Sprachen, das uns zu Ohren kommt, ist dann auch wohl wie zu früheren Zeiten. Auch das große Getümmel von Soldaten, die mit Lanzen und Schwertern aufeinander losgehen, scheint mir durchaus realistisch.

Den Überblick, wer zu welcher Seite gehört, habe ich schnell verloren. Und ich vermute, dass das auch den Soldaten damals nicht anders ging. In diesem Tumult und im rauchigen Dampf des Schwarzpulvers war Freund und Feind wohl kaum noch zu unterscheiden.

Feuer frei!

Die Lanzenträger marschieren vor

Die Musketiere haben den Feind im Visier

Die Bethlen Liga aus Ungarn kämpft auf der Seite der Vereinten Niederlande

Auch Reiter sind mit von der Partie

Man ist mit Ernst bei der Sache

Die Schlacht ist geschlagen, die Spanier werden zurückgedrängt

Lagerleben

Rund 1,5 Stunden dauert die Schlacht. Dann ziehen die Truppen geordnet von dannen. Im Gegensatz zur Realität bleibt keiner auf dem Feld zurück. Alle kehren in ihre Lager zurück.

Übernachtet wird in weißen Zelten, die entlang der Gracht aufgereiht stehen. Mit Bier in Krügen wird auf die Schlacht angestoßen und aus großen Töpfen über dem Lagerfeuer wird Erbsensuppe geschöpft.

Einige Händler bieten hier auch ihre Waren feil. Stoffe, fertige Kostüme und historische Waffen-Nachbildungen sind immer gefragt. Die Ausrüstung für dieses Hobby muss schließlich so perfekt wie möglich sein.

Waffeninspektion nach dem Kampf

Begegnungen im Zelt-Lager

Welcher Dolch darf es denn sein?

Alltag im Jahr 1627

Auch die Zivilisten in der Festungsstadt streben Perfektion an. Als wir die Feld-Lager hinter uns lassen und ins Stadtzentrum kommen, begegnen uns die in historischen Gewändern gekleideten Einwohner. Röcke und Hosen aus Leinen, dazu wollene Leibchen sowie Holz-Klompen an den Füßen ist in diesen drei Tagen der modische Standard.

Alt und Jung ist mit von der Partie und lebt das Leben wie vor 400 Jahren. Sie sitzen im Freien unter gespanntem Tuch oder in gezimmerten Baracken. Auf den hölzernen Bänken sorgen Schaffelle für etwas Behaglichkeit und ein großes Lagerfeuer für Wärme.

Das ein oder andere Spanferkel brutzelt am Spieß über dem Feuer. Bei anderen gibt es Kartoffeln und Kohl. Wir entdecken einen Bierbrauer bei der Arbeit, einen Schmid und auch einen Metzger, der gerade ein Schwein zerlegt. Eine Frau spinnt Wolle zu Garn, eine andere strickt davon dicke Socken.

Musikanten ziehen durch die Stadt und auch Gaukler sowie Bettler sind unterwegs. In einer hinteren Gasse machen leichte Mädchen den Herren schöne Augen und bieten gegen einen Obolus ihre Dienste an. Die Stimmung ist einfach toll und es macht Spaß, dem dörflichen Treiben in den Gassen zuzuschauen.

Auch die Jugend trägt die aktuelle Mode

Man hat sich häuslich eingerichtet in Grolle von 1627

Das Spanferkel brutzelt über dem Feuer

Die Kinder sind natürlich voller Eifer dabei

Bierbrauer bei der Arbeit

Gekonnt ist die Frau den ganzen Tag am Spinnrad beschäftigt

Musiker sorgen für Stimmung in der Stadt

Brennende Fackeln

Am Abend steht noch ein Highlight auf dem Programm. Sobald die Dunkelheit einbricht, zieht ein langer Fackelzug durch die Stadt.

Nicht nur Soldaten laufen mit. Hier präsentieren sich hauptsächlich die Bewohner von Groenlo in ihren Gewändern. Kaufleute, Bauern und auch Mönche ziehen an uns vorbei. Die Schwestern des Hospitals und auch ein Leichenzug sind mit von der Partie. Dazu Familien mit Kindern und Gruppen älterer Herrschaften.

Das Ende des Fackelzugs ist noch nicht das Ende der Veranstaltung. Musikgruppen sorgen am Abend an mehreren Plätzen für Stimmung. Und auch in der Kirche stehen bis in die Nacht mehrere Bands auf dem Programm.

Wir bleiben aber nicht ganz so lange. Wir haben noch eine kleine Radtour durch die Dunkelheit vor uns. Unsere Nacht und den nächsten Tag verbringen wir nämlich in Bredevoort, aber das ist eine andere Geschichte.

Der Fackelzug zieht durch die Gassen

Trommler dürfen dabei natürlich nicht fehlen

Groß und Klein ist mit viel Spaß dabei

Reiseinfos

Das 3-tägige Reenactor Event Slag om Grolle fand bereits zum 8. Mal statt, in diesem Jahr vom 21. bis 23. Oktober 2022.

Veranstaltungsort ist die Stadt Groenlo, die etwa in der Mitte zwischen Arnhem und Enschede liegt.

In zwei Jahren, also 2024, wird erneut ein Slag van Grolle stattfinden. Zu gegebener Zeit gibt es Infos zum genauen Termin sowie die Möglichkeit Tickets zu kaufen auf der Website Slag om Grolle.

Einige Infos zur Geschichte und zu den teilnehmenden Gruppen von diesem Jahr könnt ihr dort ebenfalls nachlesen.

 Seid ihr beim nächsten Slag om Grolle mit dabei?

Hinweis: Den Slag om Grolle besuchten wir mit Unterstützung von Das andere Holland.

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