Knapp 15.000 Einwohner und mehr als 500 denkmalgeschützte Gebäude zählt die Stadt. Wie viele Boote und Schiffe es gibt, kann ich nicht sagen, die Häfen in der Stadt sind aber sehr gut besucht. Die Lage direkt am Wattenmeer ist perfekt für alle Segler, und Freunde von Motorbooten lieben die Wasserwege ins Hinterland.

Und dennoch ist Harlingen für viele Urlauber nur eine Zwischenstation. Von hier geht es hinaus auf die Inseln. Die Fähren zu den Watteninseln, nach Vlieland und Terschelling, fahren vom Hafen aus ab. Wir bleiben jedoch hier. Wir wollen mehr von Harlingen sehen und entdecken.

Städtetrip Harlingen

Entdecken ist dabei das richtige Stichwort. Denn hier im Hafen von Harlingen entsteht gerade ein Nachbau des Expeditionsschiffes von Willem Barentsz, seines Zeichens Seefahrer und Entdecker. Im 16. Jahrhundert entdeckte Barents, wie man ihn in Deutschland schreibt, nicht nur die Bäreninseln und Spitzbergen, sondern gab der Barentssee auch ihren Namen.

 

Abenteuerliche Expeditionen

„27.000 Stunden wurden bereits am Schiff gearbeitet. Noch weitere 3.000, dann sind wir fertig“, erzählt uns Paul Meijeraan, als wir ihn an Bord des Nachbaus treffen. 50 bis 60 Ehrenamtliche aus den unterschiedlichsten Berufen arbeiten seit sechs Jahren am Bau des Schiffes, drei Jahre waren davor noch für Planung und Vorbereitung nötig.

Klein und wendig waren die Schiffe in dieser Zeit, erst später wurden die großen Dreimaster für die Handelsreisen gebaut. Nur 25 x 5 Meter misst der Rumpf, gebaut aus dicken Planken Eichenholz. Die beiden Masten sind zwar schon beinahe fertig, liegen aber noch in der Werft gleich nebenan. Auch ein kleines Infozentrum gibt es, wo man nicht nur viel über die Konstruktion des Schiffes, sondern auch über die Expeditionen von Willem Barents erfährt.

Dreimal befuhr er die nördlichen Gewässer auf der Suche nach einer nördlichen Route nach China. Gefunden hat er die Nordostpassage nie, dickes Packeis machte ihm jedes Mal einen Strich durch die Rechnung. Die dritte Reise im Jahr 1596 verlief für ihn dann fatal. Im Packeis bei Nova Zembla gefangen, überwintern die insgesamt 17 Mann Besatzung in einer von Treibholz und Schiffsmaterial gezimmerten Hütte. Die ständige Eiseskälte und Dunkelheit bei dieser ersten Überwinterung in der Aktis sind schwer auszuhalten, die Ernährung aus dem Fleisch von erlegten Polarfüchsen einseitig und ohne das wichtige Vitamin C.

Nachdem im Frühjahr das Eis nicht schmilzt, lassen sie das Schiff notgedrungen zurück und machen sich mit kleinen zusammengezimmerten Booten, die sie streckenweise übers Eis ziehen, auf den Rückweg. Nach 2200 Kilometern treffen zwölf Überlebende bei Murmansk auf ein niederländisches Schiff, das sie an Bord und mit zurück in die Heimat nimmt. Willem Barentsz ist dann schon nicht mehr dabei, er war bereits vor einiger Zeit an Skorbut erkrankt und verstarb unterwegs.

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harlingen barents konstruktion

harlingen barents führung

Noch ewig könnten wir den spannenden Geschichten lauschen, die uns Paul erzählt. Aber wir haben noch mehr Verabredungen an diesem Tag und zwischendurch brauchen wir auch noch einen Happen zur Stärkung.

 

Einkehr ins Levels

Gleich am Anfang der Einkaufsstraße am Grote Breedeplaats finden wir einen Platz auf der Terrasse von Grand Café Levels. Hier kann man sich seinen Hamburger selbst zusammenstellen, was wir natürlich gerne machen. Als gesunde Alternative bestellen wir uns noch einen großen Salat mit Hühnchen thailändischer Art dazu. Apropos groß, die Portionen sind wirklich sehr ordentlich, das Preis-Leistungs-Verhältnis top und schmecken tut es auch.

Auch wenn die Eisdiele zwei Häuser weiter lockt, ich bin nach unserer Einkehr im Levels pappsatt und verzichte freiwillig auf ein Eis. Ich habe etwas Bewegung nötig, da kommt unsere geplante Stadtführung genau richtig. Wir wollen nämlich noch etwas mehr von der Stadt erfahren und sind deshalb mit Willem Visser zu einer Tour durch Harlingen verabredet.

harlingen levels

harlingen levels burger

Auf Erkundung in Harlingen

„Schon 1234 erhielt Harlingen Stadtrechte“, erfahren wir von unserem Stadtführer Willem. Zu verdanken hat die Stadt dies dem Kloster im Dorf Almenum. Das Kloster war reich und die Mönche so geschäftstüchtig, dass sie Grachten bis zur Zuiderzee graben ließen, um den Handel zu begünstigen. Das Gebiet zwischen Kloster und Meer wurde dadurch zu einem wichtigen Handelszentrum und wuchs heran zur Stadt Harlingen. Das Dorf Almenum mit seinem Kloster verlor nach und nach an Bedeutung und wurde dann im 16. Jahrhundert ein Teil von Harlingen.

Aus dieser Zeit stammt auch noch das älteste Gebäude der Stadt. 1596 wurde in Harlingen das erste Wohnhaus aus Stein gebaut und dieses Haus steht bis heute, wenn auch sicherlich nicht im originalen Zustand. Heute haben die Freimaurer ihre Loge darin, öffentlich zugänglich ist es nur noch einmal im Jahr am Monumentendag, dem Tag des offenen Denkmals.

Denkmalgeschützte Gebäude gibt es in Harlingen übrigens mehr als genug, 517 um genau zu sein. Nicht nur die prächtigen Wohnhäuser der reichen Kaufleute blieben erhalten, auch viele der kleinen Häuschen, die die Händler und Seeleute bewohnten. Links und rechts entlang der schmalen Gracht Zoutsloot entdecken wir einige davon. Ein unglaublich hübsches Sträßchen mit Bäumen am Wasser, in deren Schatten die Bewohner Picknickbänke gestellt haben.

Zu verdanken hat die Stadt dieses Idyll der Hein Buisman Stichting, erklärt uns Willem. Eine Stiftung, die sich seit den 70er Jahren der Sanierung der Denkmäler in der Stadt widmet. Mit viel Kenntnis und Feingefühl werden die Häuser renoviert, modernisiert und zu einem moderaten Preis an die zukünftigen Bewohner verkauft.

Moderat sind die Preise der großen Kaufmannsvillen entlang des Noorderhavens vermutlich nicht. Dafür kann man hier seine Segel- oder Motorjacht auch mehr oder weniger direkt vor dem Haus parken. Aber nicht nur Anwohner parken hier ihre Schiffe, jetzt zur Segelsaison ist der Hafen voller Touristenboote. Masten reihen sich aneinander, bunte Wimpel wehen im Wind und dazwischen hängt auch, ganz profan, die Wäsche zum Trocknen.

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harlingen zoutsloot

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Genuss am Abend

Wir verabschieden uns von Willem und machen uns durch ein paar enge Gässchen auf den Weg zum Hotel Harlingen, unserem Hotel für diese Nacht. Ins Bett geht es jetzt noch nicht, aber ein bisschen auffrischen für den Abend kann nicht schaden.

Genuss steht auf unserem abendlichen Programm. Ein feines Dinner im Gourmet-Restaurant ´t Havenmantsje, direkt am Oude Buitenhaven. 

Mit einem Glas Champagner als Aperitif starten wir unser 3-Gänge-Überraschungsmenü und der Genuss beginnt für mich damit auch sofort. Nacheinander werden uns drei verschiedene Amuse-Gueules serviert. Alle sehr schön anzusehen, geschmacklich überraschend und unglaublich köstlich. Die deutsche Übersetzung „Gaumenfreude“ für diese Häppchen könnte dafür nicht treffender sein.

harlingen havenmantsje genuss

Die Variationen von Tomate überraschen mit feinen Geschmacks- und Konsistenzunterschieden. Die Gurkensuppe mit geräucherter Makrele bringt etwas Milde zum Lolli von Paprika mit Mousse von Jalapenos, der mich komplett begeistert. Da passiert beim Essen wirklich einiges im Mund, das gerne genutzte Wort Geschmacksexplosion trifft hier tatsächlich zu. Und ich meine damit nicht die Schärfe der Peperoni, die durchaus gediegen ausfällt.

Die eher unscheinbare Erscheinung der spanischen Mandel-Knoblauchsuppe bei Amuse Nr. 3 wird durch eine sehr kreative Darreichung in einer Trinkmuschel kompensiert. Kreativ, witzig in der Präsentation und der Geschmack ist einfach ein (Knoblauch-) Gedicht.

Einen spanischen Weißwein, frisch mit aromatischem Abgang, bekommen wir zu unserer Vorspeise eingeschenkt. Ein Carpaccio aus hauchdünn geschnittenem Seehechtfilet mit einem Tom-Yum-Dressing, süß-saurem Gemüse und Limoneneis. Das Dressing mit dem Geschmack der berühmten thailändischen Suppe, gibt dem Ganzen eine angenehme Würze und subtile Schärfe. Das knackig eingelegte Gemüse bietet den richtigen Kontrast in der Konsistenz und das Eis bringt eine wunderbare Frische in das Gericht.

Als Hauptgang werden wir mit Rib-Roast vom Schwein überrascht. Als Begleitung zum Rippenstück mit feiner Schalottensoße gibt es einen mit Pulled-Pork gefüllten Paprika und eine Soße mit würziger Chorizo. Eine sehr cremige Polenta, verfeinert mit etwas altem Käse, rundet das Ganze ab. Und der vollmundige Rotwein, ein in Eichenfässern gereifter Tempranillo aus Spanien, der uns dazu eingeschenkt wird, passt einfach perfekt.

Um den Gaumen etwas zu neutralisieren, gibt es vor dem Dessert noch einen extra „Gruß aus der Küche“. Feines gefrorenes Himbeermousse in weiße Schokolade gehüllt und wie ein Mini-Magnum serviert. Eine Art Überraschung, die ich einfach liebe und sehr zu schätzen weiß.

Aber dann kommen wir wirklich zu unserem letzten Gang. Das Dessert wird serviert mit einem französischen Dessertwein. Süß, aber auch mit etwas Zitrus. Der Nachtisch selbst besteht aus einer Tartelette mit roten Früchten und dazu einem Sorbeteis aus Erdbeeren. Einfach, aber mit sehr purem intensiven Geschmack. Man schmeckt die Butter im Kuchen und das Aroma der Erdbeeren im Eis ist einfach sensationell.

Was für ein toller Abschluss von zwei wunderschönen Tagen. In kurzer Zeit haben wir viel gesehen und erlebt. Und wir sind wieder einmal ordentlich angefixt, wir wollen noch mehr Friesland!

harlingen havenmantsje amuse

harlingen havenmantsje trinkmuscheln

harlingen havenmantsje dessert

 

Habt ihr den Bericht von unserem ersten Tag in Friesland und unserer Tour entlang einiger der kunstvollen Brunnen, den 11Fountains, verpasst? Dann hier entlang: Wo Kultur auf Wasser trifft - Unterwegs in Friesland 

 

Reiseinfos Harlingen

Harlingen ist etwas gewöhnungsbedürftig, was Parkplätze angeht. Bei den allermeisten Parkautomaten kann nur bar mit Münzen bezahlt werden. Wechselgeld gibt es nicht.

Auf den größeren Parkplätzen am Rand des Zentrums z.B. am Nieuwe Willemshaven parkt man für günstige € 2,- / Tag. Jedoch darf man dort sein Auto nicht über Nacht stehen lassen.
Abends ab 17 bzw. 18 Uhr bis morgens um 9 Uhr, parkt man dafür im Zentrum gratis. Empfehlenswert sind hier die Parkplätze entlang des Noorderhavens. 

Viele Infos über das touristische Angebot in Friesland findet ihr auf der deutschen Version von Website friesland.nl

 

Stadtführung

Die Stichting Stadgidsen Harlingen bietet Stadtspaziergänge durch Harlingen an. Dauer ca. 1,5 bis 2 Stunden an für € 3,- pro Person (mind. € 10,- gesamt). Anfragen über die Touristeninformation VVV oder direkt über die Website

 

Expeditieschip Willem Barentsz

De Barentszwerf, Nieuwe Willemskade

Sehr interessant und empfehlenswert! Besucherzentrum und Schiff sind gratis zu besichtigen.
Geöffnet (bis 1. November) Werktags 11 bis 17 Uhr, am Wochenende 13 bis 16 Uhr

 

Restaurant `t Havenmantsje

Havenplein 1, Harlingen

Gourmetrestaurant in ungezwungener Atmosphäre direkt am Hafen. Feine Küche von Chefkoch Marco Poldervaart.

  

Grand Café Levels

Grote Bredeplaats 24, Harlingen

Food & Drinks, Burger und mehr
Täglich geöffnet ab 10 Uhr

 

Eetcafé Nooitgedagt

Grote Bredeplaats 35, Harlingen

Gemütliches Café, Restaurant mit Terrasse.
Täglich geöffnet ab 11 Uhr

 

Hotel Harlingen

Voorstraat 18, Harlingen

Kleines Hotel in historischem Gebäude mitten im Zentrum von Harlingen. 

Große, individuell eingerichtete Zimmer. Sauber, gute Betten und prima WLAN ohne Extra-Kosten. 

Am Morgen wird man mit einem freundlichen Guten Morgen begrüsst und einem reichhaltigen Frühstücksbuffet verwöhnt. Es gibt Rührei, Speck, Wurstaufschnitt, Käse, Marmelade und mehr. Auch frisches Obst, Joghurt und Müsli ist vorhanden und der Orangensaft ist wirklich frisch gepresst.

Im Hotel gibt es keinen Aufzug. Personen, die Probleme beim Treppensteigen haben, sollten daher vorab besser nach einem Zimmer im Erdgeschoss fragen.
Eine Parkgenehmigung für die Parallelstraße ist im Hotel für € 5,- / Tag zu bekommen.

Zimmer können auch über booking.com gebucht werden.

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Hinweis: Auf Entdeckungstour in Friesland waren wir auf Einladung der Marketingsorganisation Merk Fryslân.

  

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