„Und das ist mein Reich!“ Mit diesen Worten öffnet uns Gilles de Mil mit leuchtenden Augen die Tür in die Jutter-Scheune von Kaap Skil. Er, der bekennende Jutter, der Strandräuber von Texel, kennt all die Stücke, die sich hier an den Wänden und auf dem Fußboden stapeln. Nicht all seine Fundstücke vom Texeler Strand finden den Weg ins Museum, was ihm gefällt, behält er auch mal für sich.

Eigentlich ist es ja verboten, was er und die anderen Strandräuber von Texel so treiben. Aber einem echten Texelaar ist das egal. Das Umgehen der Gesetze ist, wie das Sammeln von angespültem Strandgut, eine Art Volkssport der Insulaner.

Kurioses Strandgut ist aber nicht das Einzige, was man im Museum Kaap Skil in Oudeschild auf Texel zu sehen bekommt. Die Bandbreite reicht von der Schifffahrt im Goldenen Zeitalter bis zum Leben auf Texel in den 50er Jahren.

Museum Kaap Skil Oudeschild, Texel

Schon im Frühjahr bei unserer Radtour auf Texel stand ich vor dem faszinierenden Gebäude mit dem gezackten Dach. Ob das Architekturbüro Mecanoo, das für den Entwurf verantwortlich war, sich an den Dächern der kleinen Fischerhäuser in der Umgebung, den Segeln der Schiffe oder den Wellen des Wattenmeeres gleich nebenan orientierte – ich weiß es nicht. Für mich vereint es alle diese Ideen und die halbdurchsichtige Fassade aus recyceltem Holz ist das Pünktchen auf dem i.

 

Dieses Mal habe ich mir ausgiebig Zeit für den Museumsbesuch genommen. Es gibt so viel zu entdecken und auch zu tun. Das riesige Modell der Reede vor Texel im Untergeschoss zeigt nicht nur den gut besuchten Schiffsparkplatz rund um das Jahr 1650 sehr eindrucksvoll, es erzählt auch Geschichten. Übrigens auch auf Deutsch, wie überhaupt die allermeisten Informationen und Texte im ganzen Museum.

Geschichten vom niederländischen Admiral und Seehelden Michiel de Ruyter oder dem, vor allem bei der damaligen Bevölkerung geliebten, Admiral Cornelis Tromp. Davon, dass das besondere Wasser aus dem Waisenbrunnen von Texel dank seines hohen Eisengehaltes zwar nicht besonders gut schmeckte, aber 8 Monate haltbar war und damit vielen Seeleuten das Überleben ermöglichte. Auch den Waisen, denn der Brunnen befand sich auf dem Grund und Boden des Waisenhauses und der Verkauf des Wassers war eine sehr gute Einnahmequelle.

Geschäftstüchtig waren die Bewohner von Texel schon damals und hatten ein gutes Auskommen damit, die vor Anker liegenden Schiffe mit Proviant und die Seeleute mit Alkohol und willigen Damen zu versorgen. Und ohne die ortskundigen Lotsen war es für die großen Schiffe unmöglich durch die Untiefen des Wattenmeeres bis nach Amsterdam zu kommen.

 

Dass nicht alle Großsegler unbeschadet davon kamen, kann man im Obergeschoss entdecken. Hier werden die historischen Fundstücke aufbewahrt, die immer wieder aus dem Meer gefischt werden. Von den Tabakspfeifen der Seeleute bis hin zu gusseisernen Kanonen. Von Werkzeugen zur Schiffsreparatur bis hin zu Truhen voller Nägel, die inzwischen zu einer rot-braunen Masse verrostet sind.

Modell der Reede vor Texel im Museum Kaap SkilModell der Reede vor Texel im Museum Kaap Skil

Reede vor TexelUnzählige Schiffe lagen in der Reede vor Texel vor Anker

Kanonen im Museum Kaap SkilAuch zahlreiche gusseiserne Kanonen werden von den Fischern häufig aus ihren Netzen geholt

Durch die gläserne Fassade locken mich kleine Fischerhäuschen nach draußen in den Freiluftbereich des Museums. Die Enge, die in einem solchen Haus herrschte, kann man dort gleich am eigenen Leib erfahren. Schon zu zweit wird es etwas eng, eine Familie mit mehreren Kindern kann man sich in der Küche, in der man auch schlief, kaum vorstellen.

 

Es wurde in den Häusern nicht nur gewohnt, sondern auch gearbeitet. Fischernetze mussten geknüpft werden und der Fischer brauchte für die nächste Fahrt einen neuen gestrickten Pullover. Der von Cees Boersen hängt noch an der Garderobe. Damals 1959, er ist gerade 18 Jahre alt geworden, hat er ihn bekommen, bevor es auf dem Schiff TX 94 hinaus aufs Meer ging. Ein Fischer-Pullover war nicht einfach nur ein Kleidungsstück. Das Muster darauf verriet auch, woher der Fischer kam. Jeder Ort hatte sein eigenes Muster. Ging ein Mann über Bord und ertrank, wusste auch die Besatzung eines fremden Schiffes, die den Leichnam fand, in welchem Ort man die traurige Nachricht überbringen musste.

Nicht nur Fischer gab und gibt es auf Texel. Früher, noch mehr wie heute, mussten auch Schuhe geflickt, Korn gemahlen, Brot gebacken und Eisen geschmiedet werden. Alle diese Handwerke findet man im Museum Kaap Skil. Es gibt eine Schmiede, eine Bäckerei und die große Windmühle mitten drin ist nicht zu übersehen. Leider nicht während unseres Besuchs am Wochenende, aber an manchen Tagen wird hier auch noch gearbeitet und sicher auch manche Frage beantwortet.

 

Selbst Hand anlegen kann man im Museum auch. Es gibt einige interaktive Spiele rund um die Schifffahrt, vom Segeln bis hin zum richtigen Verteilen der Autos auf der Fähre. Im U-Boot kann man ganze Abenteuer erleben und die Simulation im Steuerstand des Fischerbootes ist schwindelerregend echt. Kinder wird es in diesem Museum sicher nicht langweilig. Aber auch der ältere Herr kann es kaum erwarten, bis ich endlich den Sitz des Steuermanns verlasse und ER die Fähre in den Hafen von Texel lenken darf. Okay zugegeben, er konnte es besser - hat wohl schon öfters geübt.

Küche im Fischerhäuschen von Kaap Skil auf TexelEng war es in der Küche dieser kleinen Fischerhäuschen auf Texel

Typischer FischerpulloverDer Pullover des Fischers Cees Boersen

Windmühle im Museum Kaap Skil auf TexelDie Schiffszimmerei mit der Windmühle im Hintergrund

 

Reiseinfos Museum Kaap Skil

Kaap Skil, Heemskerckstraat 9, Oudeschild, Texel

Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 10 – 17 Uhr (Ferienzeit auch am Montag), Sonn- und Feiertag ab 12 Uhr
Preise: Erwachsene 8,50 Euro, Kinder (4-14 Jahre) 6,50 Euro
Parkplätze: im Hafen gegen Gebühr, Parkplätze IJsdijk und Vlamkast gratis.
Öffentliche Verkehrsmittel: TexelHopper, Haltestelle Heemskerckstraat direkt vor dem Museum

 

Informationen für einen Urlaub auf Texel findet man hier auf dieser Seite von nach-holland.de oder auf der Website des VVV Texel.

Wer den Strandräuber Gilles de Mil, das Museum Kaap Skil und die Insel schon mal ein bisschen kennenlernen möchte, kann sich die gelungene 90-minütige TV-Sendung 'Wunderschön! Texel – Inselurlaub auf Niederländisch' vom WDR ansehen. Leider ist sie nicht mehr in der Mediathek des WDRs, aber man kann sie auf DVD oder Blu-Ray über diesen Link bei Amazon bestellen.

Gilles de Mil, Strandräuber von TexelGilles de Mil, Strandräuber von Texel in seinem "Reich"

Buntes Standgut Museum Kaap SkilDie farbenfrohe "Beute" des Jutters

Strandgut Museum Kaap Skil TexelOb es auch Flaschenpost gab?

Laden mit Bäckerei Museum Kaap Skil TexelEin nostalgischer Laden und dahinter die Bäckerei

Kaap Skil SchmiedeAn manchen Tagen wird in der historischen Schmiede von Kaap Skil noch gearbeitet

Freilichtmuseum Kaap SkilAußenbereich mit historischen Fischerhäuschen, Werkstätten und Windmühle

 

Hinweis: Das Museum Kaap Skil besuchte ich im Zuge einer Pressereise des VVV Texel und weil es so schön war, am nächsten Tag gleich noch einmal.

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