Vom goldenen Oktober ist wenig zu merken. Verschiedenste Schattierungen Grau dazu viel Wind und etwas Regen begleiten uns in diesen Tagen.
Ein Glück, dass die Region so viele erstklassige Museen zu bieten hat. Da kann uns auch suboptimales Herbstwetter nichts anhaben. Herrlich abwechslungsreiche und interessante Tage sind uns da dennoch garantiert.
Schickes Blech
Seine Passion für Autos hat Evert Louwman von seinem Vater geerbt. Und wohl auch seine Sammelleidenschaft. Mit einem 20 Jahre alten Dodge fing 1934 alles an, ganze 275 Autos sind es heute. Schon seit 1969 kann man die Sammlung bewundern. Seit 2010 in einem nagelneuen Museum am Stadtrand von Den Haag, in direkter Nachbarschaft vom Wohnsitz des Königs.
Nur ein klitzekleines Interesse für Autos reicht schon aus, um sich für dieses Museum zu begeistern. Viel Zeit sollte man jedoch unbedingt mitbringen. Schon von außen wirkt das vom amerikanischen Architekten Michael Graves gebaute Museum imposant. Dennoch habe ich diese Größe der Ausstellung nicht erwartet. Immer wieder öffnet sich ein weiterer Raum mit einer Vielzahl an den wunderlichsten und wunderbarsten Fahrzeugen.
Historische Fahrzeuge von den Anfängen des Automobilbaus, doppelstöckige Busse von rund 1904 und die ersten elektrischen Autos, die bereits vor über 100 Jahren gebaut wurden. Wir lernen über die Weiterentwicklung des Volkswagens von Josef Ganz bis zu „unserem“ VW Käfer, der auch mein erstes eigenes Auto war und sind begeistert von einem Porsche Cabrio der Rijkspolitie aus dem Jahre 1962.
Wir entdecken Klassiker, wie Tin Lizzie, den legendären Ford Modell T. Aber auch Kurioses, wie ein Amphibienfahrzeug, das auch optisch wie eine Mischung aus Auto und Boot aussieht. Ein Cadillac von Elvis ist ebenso vertreten, wie der Austin Martin von James Bond. Es gibt Rennwagen der berühmten Rennen von Le Mans zu sehen und einen Mercedes-Benz von Kaiser Wilhelm II.
Japanischer Garten und indisches Essen
Statt eines Besuchs im stilechten Café des Museums entscheiden wir uns für etwas Kontrastprogramm. Quasi gegenüber auf der anderen Straßenseite liegt der Park des Landguts Clingendael, wo sich mitten drin ein japanischer Garten verbirgt.
Nur acht Wochen im Jahr, sechs Wochen im Frühling und zwei Wochen im Herbst, ist der japanische Garten für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Chance mir den Garten jetzt zur Herbst-Öffnung anzusehen, lasse ich mir trotz einsetzendem Nieselregen nicht entgehen. Klein, aber fein ist dieser mehr als 100 Jahre alte Japanische Garten und die kleine Wanderung mehr als wert.
Nach Nieselregen und Wind ist das würzige indische Essen im Restaurant Saffron, wo wir zu Abend essen, genau das richtige. Chicken Saag mit cremigem Spinat und ein herrlich scharfes Chicken Madras, dazu Reis und frisch gebackenes Naan machen uns nicht nur satt, sondern auch glücklich.
Übrigens isst man in den Niederlanden beim Inder nicht indisch, sondern indiaas. Als indisch wird die indonesische Küche bezeichnet. Beides sehr lecker, aber dennoch ein nicht unwichtiger Unterschied.
Auf geht’s nach Leiden
Am zweiten Tag unserer Reise steht ein Besuch in der Stadt Leiden auf dem Programm. Wir wollen uns endlich das wieder eröffnete Museum De Lakenhal ansehen. Zwar war die Renovierung bereits 2019 abgeschlossen, aber leider hat seither ein Besuch nicht geklappt.
De Lakenhal ist sozusagen das städtische Museum und seit seiner Gründung im Jahr 1874 in der historischen „Laecken-Halle“ untergebracht. In den 200 Jahren zuvor wurden hier die Tücher und Stoffe geprüft und beurteilt, die die Stadt Leiden damals berühmt und reich gemacht haben. Die Textilindustrie verschwand aus Leiden, das Museum blieb.
Stadtgeschichte, Kunsthandwerk und Gemälde machen heute die umfangreiche Sammlung des Museums aus. Auch moderne Wechselausstellungen finden ihren Platz im renovierten Gebäude.
Ich mag die Vielfältigkeit des Museums. Dem berühmten Sohn der Stadt, Rembrandt van Rijn aus dem 17. Jahrhundert ist ebenso ein Raum gewidmet, wie Theo van Doesburg, dem Mitbegründer der Künstlervereinigung De Stijl im Jahr 1917. Wir können das Triptychon „Das Jüngste Gericht“ von Lucas van Leyden aus dem 16. Jahrhundert bewundern und auch zeitgenössische Gemälde des Leidener Künstlers Fer Hakkaart.
Historische Sammlungen aus der Zeit der Belagerung durch die Spanier vor über 400 Jahren sowie aus der Blütezeit des Tuchmacher-Handwerks in der Stadt werden in den historischen Räumen der Lakenhal präsentiert, die an sich schon sehr sehenswert sind.
In allen Räumen stehen große Schubkästen, in deren Laden es zusätzliche Stücke zu sehen gibt. Eine Lade ist dabei immer für Kinder eingerichtet. Zum Thema des jeweiligen Raumes können sie darin selbst Dinge entdecken, erleben und auch aktiv etwas gestalten.
Brot und Boot
Ein leichtes Hungergefühl macht sich in mir breit. Ein Zeichen zum Aufbruch. Es ist schon 13 Uhr vorbei und es wird Zeit für einen kleinen Mittagssnack. Die leckersten belegten Brötchen soll es bei Leidsch Beleg geben, davon wollen wir uns jetzt mal selbst überzeugen.
Der kleine Lunchroom liegt gleich um die Ecke. Einmal über die Brücke, schon sind wir da. Die Brötchen gibt es meist auf die Hand, aber es gibt auch einige Tische, um vor Ort zu essen. Im Sommer kann man auch sehr schön draußen am Wasser sitzen.
Die Nachfrage ist groß und die Mitarbeiter hinter der Theke haben ganz schön zu tun. Alle Brötchen werden nämlich frisch zubereitet und mit einer großen Auswahl an Leckerem belegt. Mein Baguette-Brötchen mit Avocado, Rucola, getrockneten Tomaten, Pinienkernen und Parmesan schmeckt einfach köstlich. Und auch Herr Nach Holland ist mit seinem Mega Club Sandwich mehr als glücklich.
Satt und zufrieden würden wir jetzt gerne in einem Rundfahrtboot Platz nehmen und uns durch die Grachten von Leiden schippern lassen. Die Boote liegen direkt vor uns im Wasser, aber der starke Wind macht uns leider einen Strich durch die Rechnung. Wegen des stürmischen Wetters werden alle Rundfahrten am Nachmittag abgesagt. Schade, aber auch verständlich. Es stürmt wirklich heftig.
Von Römern, Griechen und Ägyptern
Die Idee stattdessen den Stadtrundgang „Auf den Spuren des jungen Rembrandt“ zu machen löst sich auch recht schnell in Luft auf. Zwar haben wir das Büchlein dafür schon in der Tasche, aber mit dem jetzt noch zusätzlich einsetzende Regen machen wir uns doch lieber auf den Weg ins nächste Museum.
Auf das Rijksmuseum van Oudheden, also das Museum der Altertümer, fällt unsere Wahl. Archäologie in den Niederlanden, die Geschichte der Griechen und Römer sowie eine große Sammlung an ägyptischen Sarkophagen und Mumien beschäftigt uns die nächsten Stunden.
Es gibt unglaublich viel zu sehen und zu entdecken. Wir machen eine Reise durch die Geschichte der archäologischen Funde im Land, lernen den Neandertaler Krijn kennen und bewundern ausgegrabene Goldschätze.
Fasziniert stehe ich vor den ägyptischen Sarkophagen, die so reichhaltig und fein bemalt sind. Zum Teil wurde eine Mumie in drei oder vier immer größer werdenden Sarkophagen gebettet, die allemal reich verziert waren. Was für eine Pracht.
Immer wieder an diesem Nachmittag bin ich erstaunt, wie kunstfertig viele Gegenstände bereits vor tausenden von Jahren gefertigt wurden. Das rund 2000 Jahre alte Glasschälchen aus der Römerzeit könnte jederzeit mit heutigen Designerstücken mithalten und irgendwo in der Auslage eines hippen Ladens stehen.
Köstliches als krönender Abschluss
Nach so vielen Eindrücken und Erlebnissen ist ein entspannter Ausklang des Tages angesagt. Auch der Gaumen möchte etwas verwöhnt werden und dafür haben wir einen Tisch im Restaurant Wielinga reserviert. Dort werden wir sehr herzlich empfangen und bei einem Gläschen Riesling-Sekt vom Weingut Reichsrat von Buhl als Aperitif genießen wir die entspannte Atmosphäre im Restaurant.
Der Gruß aus der Küche in Form eines Minitörtchens aus Blumenkohlcreme mit etwas Curry und grünem Kräuteröl sieht nicht nur sehr schön aus, sondern schmeckt einfach köstlich. Das lässt schon mal Gutes ahnen und die Vorfreude auf unser 3-Gänge-Menü wächst noch etwas.
Wir werden nicht enttäuscht. Das marinierte und gerauchte Hirschfilet auf Selleriegemüse mit Apfelravioli und gebrannten Haselnüssen ist herrlich zart und einfach ein Gedicht. Die zweite Vorspeise aus einer Creme von geröstetem Kürbis mit Knollensellerie, marinierten Kastanien, Champignons und Walnüssen trifft den Herbst nicht nur farblich perfekt, sondern auch geschmacklich.
Auch beim Hauptgericht wählen wir zwei unterschiedliche Gerichte. Einmal bekommen wir Perlhuhn serviert, einmal Ente. Beides in etwas abgewandelter Form in einem Bett von Spitzkohl, Pilzen, Selleriecreme und einer Soße mit Timut Pfeffer. Das Fleisch ist bei beiden Gerichten sehr zart und die Beilagen stimmig. Und der dazu ausgeschenkte Wein, ein Spätburgunder aus Baden-Baden zum Perlhuhn und ein kräftigerer Negroamaro aus Italien zur Ente, harmonieren wunderbar zum Essen.
Eine Mascarpone-Creme mit Kokoslikör und Zitrone, dazu kandierte Ananas mit Szechuan-Pfeffer, Stückchen Bananenkuchen und Zimteis als Dessert sind ein würdiger Abschluss eines köstlichen Menüs und eines tollen Tages. Einfach wunderbar!
Nach einer weiteren geruhsamen Nacht in unserem Hotel und einem hervorragenden Frühstück starten wir am nächsten Tag Richtung Küste. Es geht ans Meer, nach Katwijk aan Zee. Aber davon erzähle ich euch ein anderes Mal.
Reiseinfos
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VVV Leiden
Stationsweg 26, Leiden
Touristische Informationen, Rad- und Wanderrouten, Bootstouren sowie Bücher und Souvenirs. Auch der Stadtrundgang „Auf den Spuren des jungen Rembrandts“ ist hier erhältlich.
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8 – 17.30 Uhr, Samstag 10 – 16 Uhr, Sonntag 11 – 15 Uhr
Louwman Museum
Museum zur Geschichte des Automobils
Leidsestraatweg 57, Den Haag
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10 – 17 Uhr
Eintritt: Erwachsene € 16,-, Jugendliche (13 – 18 Jahre) € 8,-, Kinder (5 – 12 Jahre) € 6,-
Parkplatz € 6,-
Museum De Lakenhal
Städtisches Museum für Kunst und Geschichte
Oude Singel 32, Leiden
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10 – 17 Uhr
Eintritt: Erwachsene ab 18 Jahre € 12,50, Jugendliche und Kinder gratis
Rijksmuseum van Oudheden
Nationales Museum der Altertümer
Rapenburg 28, Leiden
Öffnungszeiten: täglich, 10 – 17 Uhr
Eintritt: Erwachsene ab 18 Jahre € 12,50, Jugendliche und Kinder (5 – 17 Jahre) € 4,-, Familienkarte € 25,-
In allen drei Museen ist der Eintritt mit einer niederländischen Museumskarte gratis.
Restaurant Saffron
Luifelbaan 56, Wassenaar
Indisches Restaurant mit schönem Ambiente. Essen sehr gut gewürzt. Scharfe Gerichte sind auch tatsächlich scharf.
Leidsch Beleg
Turfmarkt 12, Leiden
Frisch belegte Brötchen zum Mitnehmen oder dort essen
Restaurant & Weinbar Wielinga
Nieuwe Rijn 28, Leiden
Schönes Restaurant mit angenehmen Ambiente und der Möglichkeit im Sommer draußen an der Gracht zu Sitzen.
Freundliche aufmerksame Mitarbeitern und ausgezeichnetes Essen. Französisch inspirierte Küche mit regionalen Zutaten. Sehr gute Wein-Empfehlungen zum Essen.
Van der Valk Hotel Den Haag - Wassenaar
Zijdeweg 54, Wassenaar
Wir haben im Van der Valk Hotel Den Haag – Wassenaar übernachtet. Gutes Business-Hotel mit prima Zimmern ausgestattet mit Kleiderschrank, Schreibtisch, Sitzgelegenheit, Kaffee- und Teezubereiter sowie TV und kostenloses WLAN. Gutes Bad mit Ablagemöglichkeit. Kostenloser Parkplatz.
Das Lüftungssystem bzw. Klimaanlage ist etwas laut, kann aber komplett abgeschaltet werden. Das Hotel liegt an einer verkehrsreichen Straße. Wer morgens gerne länger schläft und lärmempfindlich ist, sollte sich besser ein Zimmer nach hinten raus geben lassen.
Das Hotel wird in den nächsten 1 – 2 Jahren komplett renoviert bzw. erweitert. Auch Wellness und Pool soll es nach Fertigstellung geben.
Doppelzimmer mit Frühstück ab ca. € 100,- über booking.com.
Hinweis: In Leiden waren wir auf Einladung von Leiden & Partners, Citymarketing.
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