Auf vielen unserer Reisen in den Niederlanden nehmen wir uns vor, wiederzukommen. Da es aber immer noch so viele neue Orte zu entdecken gibt, kommt es leider eher selten dazu.
Umso mehr freut es mich, dass wir zurück in Hasselt sind. Dieses charmante Städtchen, das einst zur Hanse gehörte, ist wahrlich einen zweiten Besuch wert.
Perfekter Rundumblick
Mit einem riesigen Schlüssel öffnet uns Annelies die Tür und gibt den Blick frei auf die gemauerte Wendeltreppe. Genau 177 Stufen sind es bis nach oben auf den Turm der Grote Kerk. Wir sind dann auch etwas außer Atem, als wir letztendlich ins Freie treten und Hasselt von oben bewundern dürfen.
Hinter dem Wohnmobil-Stellplatz, der direkt am Ufer des Flusses Zwarte Water liegt, entdecken wir die Windmühle von Hasselt. Den Stenendijk, der dahinter liegt, können wir nur erahnen. Über diesen gemauerten Deich, übrigens der einzige erhalten gebliebene in den Niederlanden, sind wir bei unserem vorigen Besuch in 2017 geradelt.
In die andere Richtung blicken wir auf die Dächer der Altstadt. In einem dieser historischen Häuser werden wir die Nacht verbringen. Aber bevor es so weit ist, wollen wir Hasselt noch ausgiebig erkunden.
Hasselts Geschichte
Wieder zurück auf Straßen-Niveau treffen wir uns nebenan im Oude Stadhuis mit dem Stadtführer Johan Buter. Er zeigt uns heute die schönsten Ecken der Stadt und erzählt uns von ihrer Geschichte. Denn auch wenn Hasselt mit seinen knapp 7000 Einwohnern eher einem größeren Dorf gleicht, kann der Ort auf eine glorreiche Vergangenheit zurückblicken.
Bereits 1252 erhielt Hasselt Stadtrechte und damit rund 50 Jahre vor Amsterdam. Damit war es dem Ort nicht nur erlaubt, Befestigungsanlagen zu bauen und sich zu verteidigen. Auch durfte die Stadt jetzt Märkte abhalten, die Geld in die Kasse spülten.
Die günstige Lage am Fluss und somit eine direkte Verbindung zur Zuiderzee sorgte für einen regen Handel. Mit dem Zutritt zur Hanse wurde dieser noch intensiviert und Hasselt erlebte im 14. und 15. Jahrhundert seine Blütezeit.
Aus dieser Zeit stammt auch die große Sammlung an Hakenbüchsen, die wir im Oude Stadhuis, also dem Alten Stadthaus, zu sehen bekommen. Dazu kann man sich weitere historische Waffen, Kanonenkugeln, Gemälde und Dokumente in diesem kleinen, gratis zugänglichen Museum anschauen. Auch die Touristeninformation ist hier untergebracht und ein sehr schönes Gebäude ist es sowieso.
Hübsches und Süßes
Schmucke historische Häuser entdecken wir noch einige während unseres Spaziergangs durch die Stadt. So um die 70 denkmalgeschützte Gebäude gibt es noch im Ort. Darunter stattliche Häuser reicher Kaufleute mit kunstvoll gemauerten Treppengiebeln sowie bescheidenere Unterkünfte mit Fensterläden in Rot oder Schwarz. Bänke für einen Plausch mit den Nachbarn und Kübel voller blühender Blumen machen die Idylle in den Gassen perfekt.
Wir schlendern an der Kade entlang, wo im ehemaligen Brückenwächter-Häuschen Eis verkauft wird und schauen uns die historischen Schiffe an, die dort liegen. Morgen beginnt Hassailt. Ein Event, bei dem historische Schiffe die tragende Rolle spielen. Auch entlang der Gracht ist man schon mit den Vorbereitungen beschäftigt und es werden Verzierungen angebracht.
Schön ist es hier entlang der Gracht aber sowieso. Die üppig grünen Lindenbäume, die die Gracht säumen, geben dem Ganzen ein besonderes Ambiente. Der ein oder andere Picknicktisch steht hier am Wasser und wird von den Anwohnern gerne auch als erweiterte Terrasse genutzt.
Wo die Brouwersgracht in die Prinsengracht übergeht, entdecken wir einen kleinen und im wahrsten Sinne des Wortes süßen Laden. Im 't Suikerhoekje werden nämlich nicht nur Geschenkartikel verkauft, sondern vor allem allerlei Süßigkeiten, Bonbons und Pralinen.
Nicht der einzige besondere Laden, den wir entdecken. Auch um die Ecke geht es nostalgisch zu. Blechspielzeug, Modell-Autos und allerlei Nippes gehören hier zum Angebot.
Aus Muscheln wird Kalk
An der Buitengracht, was früher sozusagen der Festungsgraben war, fallen uns kegelförmige Türme auf. Es sind die Öfen der Kalkbrennerei, die hier bis 1990 betrieben wurde und jetzt interessierten Besuchern offen steht.
Das Brennen von Kalk spielte rund 500 Jahre eine sehr wichtige Rolle in Hasselt, erklärt uns Johan, der uns dorthin begleitet. Er muss es wissen, denn nicht nur sein Großvater und Vater arbeiteten hier, auch er selbst half in seiner Jugend dort öfters aus.
Anhand von historischen Fotos und einigen Werkzeugen erklärt er uns sehr anschaulich den Prozess. Und obwohl es im Laufe der Jahrhunderte die Arbeit durch Maschinen etwas leichter wurde, bin ich doch überrascht, dass sich dennoch am Brennprozess nicht so viel geändert hat.
Dass die Kalkbrennerei sich hier ansiedelte, hat sie dem Torf zu verdanken, der hier in der Gegend abgebaut wurde. Er war zu früheren Zeiten der wichtigste Brennstoff. Kalkgestein dagegen gab es in der weiten Umgebung keines. Gebrannt wurden deshalb Muscheln, die mit Schiffen von der Küste angeliefert wurden. Das Endprodukt, der gelöschte Kalk, fand ebenfalls mithilfe von Schiffen, später auch Lastwagen den Weg zu den Kunden.
Wandernde Pilger
Im offiziellen Wappen der Stadt taucht eine Muschel zwar nicht auf, aber im Tourismus-Logo der Hanzestad Hasselt sehr wohl. Die Muscheln in der Kalkbrennerei sind dafür jedoch nicht der entscheidende Anlass. Der Hauptgrund dafür ist wohl eher die Pilger-Route, die durch die Stadt führt.
Schon seit Jahrhunderten ist Hasselt ein bekannter Pilgerort mit einer großen Kirche, einer Pilgerkapelle und einem inzwischen aufgelösten Kloster. Im Mittelalter pilgerten die Menschen von nah und fern hierher, um Ablass zu erhalten.
Auf welches Wunder sich die Heiligkeit des Ortes beruft, ist mir auch nach längerer Recherche nicht ganz deutlich geworden. Fakt ist jedoch, dass nicht nur jährlich zu Pfingsten noch eine Pilger-Prozession stattfindet. Auch treffen in Hasselt die Pilger-Routen aus den nördlichen Niederlanden zusammen und vereinigen sich zum Jakobsweg Richtung Santiago de Compostela.
Ein B&B in historischem Gemäuer
Auf den Ruf als Pilgerort beruft sich auch unsere Unterkunft für diese Nacht. Wir nächtigen im Bed and Breakfast In de Heilige Stede, das Jurjen und Bernard gerade erst neu eröffnet haben. In einem historischen Gebäude mitten im Zentrum haben sie zwei Zimmer sehr geschmackvoll und mit liebevollen Details für Gäste eingerichtet.
Passend zur Vergangenheit der Stadt Hasselt gibt es ein Hanse- und ein Pilger-Zimmer, die stimmig zum jeweiligen Thema eingerichtet sind. So hängen in unserem Pilger-Zimmer historische Fotos der Prozessionen an der Wand und Figuren von Heiligen schmücken den Sims am historischen Kamin.
Auch wenn die Einrichtung mit der Vergangenheit spielt, müssen wir auf modernen Komfort absolut nicht verzichten. Kleine Extras, frische Blumen überall sowie sehr freundliche Gastgeber machen das B&B zu etwas ganz Besonderem.
Kulinarisches Verwöhnprogramm
Zeit zum Schlafen ist es aber jetzt noch nicht. Wir haben erst einmal Hunger und machen uns auf den Weg ins Restaurant. Zu Mittag hatten wir bereits einen hervorragenden Lunch in der Eet & Drinkerij De Stadskamer direkt am Marktplatz beim Alten Stadthaus. Jetzt zieht es uns ins Café Ad’vundum, gleich nebenan.
Eine Senfsuppe und Gambas in Knoblauch-Öl als Vorspeisen sind bereits ein guter Start. Und auch mit dem Bauern-Schnitzel sowie dem Rinder-Steak als Hauptgericht haben wir eine ausgezeichnete Wahl getroffen. Ein Eis zum Nachtisch macht unser leckeres Menü komplett.
Nach einer geruhsamen Nacht, in der wir herrlich schlafen, geht es am Morgen gleich weiter mit dem Schlemmen. Ein gut gelaunter Gastgeber verwöhnt uns in unserem B&B mit einem Frühstück, das keine Wünsche offen lässt.
Ein idealer Start in den Tag, der wunderbar weiter geht. Wir setzen unsere Reise nämlich fort und besuchen eine weitere Hansestadt. Es geht ins nicht weit entfernte Kampen, aber davon berichte ich euch im nächsten Artikel.
Reiseinfos Hasselt
Hasselt liegt im Norden der Provinz Overijssel und nur einen Katzensprung von der Provinz-Hauptstadt Zwolle entfernt. Und wie ihr gerade lesen konnten, muss man Hasselt unbedingt einmal besuchen.
Informationen vorab findet ihr auf der Seite über Hasselt auf der deutschsprachigen Website von Holland Hanse.
Vor Ort bekommt ihr im Touristischen Informationszentrum TIP im Oude Stadshuis (Markt 1) Infos, Prospekte und verschiedene Routen durch die Stadt und Umgebung.
Falls ihr den Kirchturm besteigen möchtet, solltet ihr das im TIP vorab reservieren oder auch per Mail (
Insgesamt waren 3 Tage in der Gegend unterwegs. Die Reise-Berichte der anderen Tagen findet ihr hier:
Kalkovens Hasselt
Kalkovenwegje 3
Von Mai bis Oktober könnt ihr die Brennerei von Montag bis Samstag von 11 bis 15 Uhr besichtigen. Für Gruppen sind Führungen auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten möglich.
Eeterij & Drinkerij De Stadskamer
Markt 3
Geöffnet von Mittwoch bis Samstag ab 10 Uhr für Lunch und Diner.
Café Ad'vundum
Hoogstraat 1 (Eingang Restaurant am Marktplatz)
Geöffnet für Lunch und Diner
Bed & Breakfast Gasthuis In de heilige Stede
Hoogstraat 16
Zwei sehr schöne Doppelzimmer mit Bad in historischem Ambiente inklusive einem leckeren Frühstück am Morgen.
Hinweis: Hasselt besuchten wir mit Unterstützung von MarketingOost.
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