Ganz tief hinunter, in den stählernen Bauch des Schiffes, zieht es uns. Dort wo es nach Diesel und Schmieröl riecht und der Maschinenlärm in unseren Ohren dröhnt. Zugegeben, der Maschinenlärm kommt inzwischen vom Band und hört nach kurzer Zeit wieder auf, aber der Geruch bleibt vermutlich für immer.

Beeindruckende Kessel und Turbinen gibt es hier unten, 6 m unter der Wasseroberfläche. Ich sehe den Maschinisten regelrecht vor mir, wie er am blank polierten Steuerpanel steht und am Rad dreht, wenn der Kapitän in der Kommandozentrale das Kommando „volle Kraft voraus“ gibt.

Aber die SS Rotterdam bewegt sich keinen Meter vorwärts, der ehemalige Passagierdampfer bleibt fest an seinem Liegeplatz in Rotterdam verankert. Traurig bin ich darüber aber nicht, denn sonst könnte ich keine Entdeckungstour durch das ganze Schiff unternehmen.

rotterdam steuer

Audiotour

Ausgerüstet mit einem Audioguide geht es los. Dieser Apparat, der an ein Funkgerät erinnert, spuckt nicht nur Informationen aus, sondern ganze Geschichten. Wenn man ihn mit dem entsprechenden Zahlencode füttert, hört man alles Wissenswerte über den Ort, an dem man sich im Moment befindet. Toll gemacht mit passenden Hintergrundgeräuschen und Anekdoten und, sehr lobenswert, auch auf Deutsch.

Wir haben uns für Tour 3 entschieden, denn wir wollen das ganze Schiff sehen. „De Rotterdam compleet“ ist eigentlich eine Kombination der Touren 1 und 2, „Uitwaaien & Zwaaien“ mit den Decks, Salons und Passagierräumen und „Stoom & Chroom“ mit dem Maschinenraum und den Mannschaftsräumen.

Die Tour 2 in den Maschinenraum findet zu festen Zeiten und unter Begleitung eines Führers statt, darum empfiehlt es sich, diese als Erstes zu machen. Die Decks und Passagierräume bei Tour 1 kann man nämlich selbstständig besichtigen und so kann man sich bei der Erkundung so viel Zeit lassen, wie man möchte.

rotterdam tours

Technik

Aber zuerst geht es hinunter zum C-Deck. Schnell wird deutlich, warum man hier nicht allein unterwegs sein kann. Unzählige Korridore, Türen und Treppen lassen mich schon nach kurzer Zeit orientierungslos zurück.

Hinter einer der Türen verbirgt sich ein wahrer Schatz, der ehemalige Swimmingpool. Wunderschöne Fliesen, die die Wände schillern lassen und bunte Fische aus Fliesenmosaik auf dem Boden des Pools warten noch auf die fachmännische Restauration. Dieser Raum scheint mir für einen Wellness-Bereich für das Hotel an Bord wie geschaffen.

Vorbei an Leitungen und Röhren, durch schwere stählerne Schleusentüren, kommen wir in den Maschinenraum. Kessel, Generatoren und Turbinen gibt es hier und alles ist riesig. Kohlen sucht man aber vergebens, denn die SS Rotterdam war zwar ein Dampfschiff, aber kein Kohlenfeuer hat diesen Dampf erzeugt, sondern Schweröl.

Stabilisatoren mit 6 m Länge können nach Bedarf links und rechts vom Schiff ausgefahren werden und das Schiff vor extremen Schwankungen schützen. Ich kann mir vorstellen, dass diese, bei 51 m Schiffshöhe ab der Wasserlinie in Kombination mit einem kräftigen Seegang auf dem Atlantik, sicher kein unnötiger Luxus waren.

rotterdam pool

rotterdam maschinenraum

Beim Kapitän

Dort oben, auf dem obersten Deck, befindet sich die Kommandobrücke. Während des 2. Teils unserer Tour können wir uns dort mal so richtig wie ein Kapitän fühlen. Ein großes Steuerrad, wie man es aus Filmen kennt, sucht man aber vergeblich. Obwohl die SS Rotterdam in den 50er Jahren gebaut wurde, überwiegen hier trotzdem schon die eher kleineren Schalter und Knöpfe. Davon gibt es aber eine ganze Menge.

Nach einem kurzen Blick in die Kapitänskajüte, geht es hinaus zum Bug des Schiffes. Dicke Trossen liegen hier aufgerollt parat und die schweren Ankerketten lassen einen enormen Anker vermuten. Große Ladeluken gibt es hier, durch die der komplette Hausrat der Auswanderer, die auf dem Weg nach Amerika waren, eingeladen wurde. Auch die amerikanischen Autos der ehemaligen Soldaten, die ihren Familien Europa zeigen wollten, konnten im Lagerraum problemlos, wie in einem großen Regal gestapelt, untergebracht werden.

Die Abdeckungen der Ladeluken wurden in den Arbeitspausen gerne von der oft jungen Besatzung für ein Sonnenbad genutzt. Die Sonnendecks der Passagiere mit den Liegestühlen waren für sie selbstverständlich tabu. Nur den obersten Offizieren war der Umgang mit den Passagieren erlaubt.

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An Deck

Aber auch die Passagiere untereinander waren nicht alle gleich. Es gab eine 1.Klasse und eine Touristenklasse, die beide ihre eigenen Decks zur Verfügung hatten. Dort waren nicht nur die jeweiligen Kabinen untergebracht, sondern auch getrennte Sportdecks im Freien, wo die Passagiere sich bei Ballspielen die Zeit vertreiben konnten. Damit sich die verschiedenen Passagierklassen nicht begegneten, konnten im Treppenhaus sogar extra Trennwände eingezogen werden.

Auf dem Rundgang ist davon nichts mehr zu merken. Die Decks sind zum größten Teil frei zugänglich und auch die meisten Räume können, falls sie nicht gerade für eine Veranstaltung genutzt werden, besichtigt werden.

Diese Chance sollte man auch nutzen und sich ausgiebig Zeit für die Besichtigung nehmen, denn die SS Rotterdam ist nicht nur groß, sondern auch sehr beeindruckend und wunderschön.

rotterdam sport

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Info

SS Rotterdam, 3e Katendrechtse Hoofd 25, Rotterdam
Metro: Haltestelle Rijnhaven; Bus Nr. 77

Touren: täglich 10 - 17 Uhr
Tour 1 & 2: Erwachsene 12,50 Euro, Kinder (4-12 Jahre) 7,50 Euro
Tour 3 (Rotterdam compleet): 16,- Euro bzw. 9,50 Euro für Kinder

Mehr über die SS Rotterdam und ihre Geschichte kann man im Artikel An Bord der SS Rotterdam lesen.

 

Hinweis: Zu einem Besuch auf der SS Rotterdam wurde ich von Rotterdam Marketing eingeladen.

 

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